Notiz – Replik auf Herbert Steeg (Helmut Dunkhase)

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Die Debatten-Redaktion hat mich inzwischen davon überzeugt, dass es richtig war, die Debatte über das 84er-Papier im Internet zu führen (wenngleich ich eine Veröffentlichung des Papiers auch in der UZ nach wie vor für richtig halte). So können auch kleine Nebengefechte, die wahrscheinlich nicht jeden interessieren, geführt werden können, ohne dass damit einem anderen (Schreib-)Platz weggenommen wird, und wer's nicht lesen will, greift zum Mausklick.

Das kleine Nebengefecht ist der Artikel von Herbert Steeg. Das einzige, an dem er noch festhält, ist die Behauptung, der Zentralisierungsprozess des Kapitals sei rückläufig. Sein Argument, die Anzahl der transnationalen Konzerne sei gestiegen, ist offenbar kein Argument, und er hat ja auch gar nicht versucht, daran noch etwas zu retten. Er erwähnt noch einmal die Horizontalisierung, wobei unklar bleibt, ob er das nun als Hinweis in der Sache oder allgemein auf neue Erscheinungen in der Kapitalbewegung meint. Jedenfalls ändert auch die Wiederholung nichts daran, dass sich aus der Horizontalisierung nichts über die Zentralisierung herleiten lässt.

Kann er seine Behauptung schon nicht beweisen, versucht er sich, an der Gegenposition schadlos zu halten. Nun, dass die angewachsene Kapitalmasse gegen eine Abnahme der Zentralisierung spreche, habe ich nicht gesagt. Vielmehr: Die Erhöhung der Anzahl der Konzerne ist erst recht kein Argument für die Abnahme der Zentralisierung, wenn die Kapitalmasse insgesamt wächst. Er krittelt zudem an der Aussage herum, dass der Anteil der größten 500 Konzerne am Welt-BIP angestiegen ist – nicht zu Unrecht wegen der Zweifelhaftigkeit der zu Grunde gelegten Bezugsgrößen. Aber vor diesem methodischen Problem steht er genau so wie ich.

Begeben wir uns auf eine andere Ebene. Die Anzahl der Konzerne ist auch deswegen kein Kriterium für die Abnahme der Zentralisierung, weil sie nichts darüber aussagt, wem sie gehören. Eine in der Tendenz dominierende Eigentumsform ist das institutionelle Eigentum, das heißt durch das Einsammeln von Millionen einzelner Kapitalanteile zu Stande gekommene Eigentumsanteile, die von Pensionsfonds, Geschäftsbanken, Hedgefonds, Anlagefonds, Investmentfonds, Versicherungsgesellschaften, u.a. gehalten werden. Für die USA gibt der 2008 Institutional Investment Report: Trends in Institutional Investor Assets and Equity Ownership  of U.S. Corporations dazu folgende Auskunft: Der Anteil des institutionellen Eigentums am Gesamtbestand in den 1000 größten Unternehmen ist von durchschnittlich 46,6% im Jahre 1987 kontinuierlich angestiegen bis auf 76,4% Ende 2007. Der Marktwertanteil der gesamten institutionellen Beteiligungen am Gesamt-Kapital/Equity-Markt der USA ist von 37,2% im Jahre 1980 auf 66,3% im Jahr 2006 an.

In den anderen Metropolen der westlichen Welt dürfte es qualitativ nicht viel anders aussehen.

Helmut Dunkhase