Über einige historische Probleme der Bewusstseinsentwicklung (Robert Steigerwald)

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In vielen gegenwärtigen Diskussionen in der DKP gehen Genossinnen und Genossen davon aus, die Kampfbereitschaft, das nötige Widerstandspotential in den Betrieben, seien in der Mehrheit der Bevölkerung nicht besonders entwickelt. Und das, obwohl gerade sie unter den Folgen der Krise, der Angriffe des Kapitals, der Verschlechterung ihrer Lebensbedingungen am stärksten zu leiden haben.

Gefragt wird, warum das so sei und was man dagegen tun könne.
Ich denke, da sind – neben einer nötigen genaueren Untersuchung der Klassenlage, der Situation in den Betrieben, der Möglichkeiten zur (Neu-)Entwicklung von Klassenbewusstsein – vor allem auch historische Erfahrungsbereiche zu berücksichtigen. Auf sie werde ich meine Betrachtung beschränken, sie bestimmen die Spezifik des Problems in unserem Land mit und müssen beachtet werden. Denn bekanntlich ist Theorie, die Erfahrungen – wozu eben auch historische Erfahrungen gehören – unberücksichtigt lässt, „für die Katz“.

Historische Spezifik und sozialökonomische Veränderungen

Da ist einmal die langfristige Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung. Mit ihren Erfolgen und Niederlagen. Für beide gibt es viele Gründe. Es geht dabei nicht nur um die Entscheidungen und das Handeln von „Führungen“.

Erstens: Erfolge im Kampf, und die alte deutsche Sozialdemokratie hat solche auf sozialpolitischem, gewerkschaftlichem, kommunalpolitischem Gebiet erzielt, können Kampfbereitschaft dämpfen oder anstacheln. Das hängt von der Qualität der Partei, der Gewerkschaft ab, die solche Erfolge erkämpften und nun sagen: Nun gut, das ist der Groschen, doch wo bleibt die Mark? Oder ob so reagiert wird: Nun, das also hätten wir erreicht. Wir haben es nicht durch revolutionäres Gehabe geschaffen, sondern durch Verhandlungen, auch durch Druck, im Endergebnis jedenfalls durch Nach-Geben und Kompromissbereitschaft. Das ist der richtige Weg.

Erfolge im Kampf um nötige Reformen können also unterschiedlich wirken, demobilisierend oder anfeuernd, entschieden wird das nicht durch die Reform, sondern durch die Kräfte, die eine solche erkämpften und mit welcher Strategie sie den Kampf führten.

Was den Linksradikalismus angeht: Auch der kann in der Folge von Niederlagen zu Formen der Resignation, der Hoffnungslosigkeit beitragen.

weiter siehe Anhang

Dieser Beitrag erschien zuerst in der UZ vom 24.12.2009. Wir übernehmen ihn für alle, die (noch) nicht die UZ abonniert haben.