Kalimera! Griechenland und Europa

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06.01.2015: In Griechenland ist der Wahlkampf für die Wahl am 25. Januar bereits in vollem Gange. Während SYRIZA den Wahlkampfauftakt mit über 5.000 AktivistInnen aus Partei und Bewegung in einer Sporthalle beging, fand der Wahlkampfauftakt der konservativen Neo Demokratia in einem Hotel, der von PASOK in einer Cafeteria statt und die neue Partei Papandreous traf sich passend gleich in einem Museum. Alexis Tsipras gibt sich siegessicher: „In ein paar Tagen werden die Austeritätsvereinbarungen und die Plünderung der Bevölkerung Geschichte sein. Die Zukunft hat bereits begonnen!"


Laut einer Umfrage, die die mitte-rechts-orientierte Zeitung "Eleftheros Typs" am Sonntag veröffentlichte, liegt Syriza bei 30,4 Prozent, gefolgt von der bisherigen Regierungspartei Neo Demokratia mit 27,3 Prozent. 6,1 Prozent der Befragten sagten, sie würden für die neue Partei des ehemaligen Premierministers Georgios Papandreou stimmen. Damit wäre sie drittstärkste Partei im Parlament.

Unterdessen rüsten die europäischen "Eliten" bereits gegen einen möglichen Wahlsieg SYRIZAs. Der IWF verkündete den Stopp aller Kreditzahlungen an Griechenland bis nach den Wahlen. Nachdem Bundesfinanzminister Schäuble die GriechInnen warnte, dass eine neue Regierung keine neue Politik bedeuten darf und „jede neue Regierung vertragliche Vereinbarungen der Vorgänger einhalten“ muss, schloss sich nun auch der SPD-Vorsitzende und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel den Warnungen Richtung Athen an. Man erwarte von der griechischen Regierung - "egal wer sie stellt - dass die mit der EU getroffenen Vereinbarungen eingehalten werden", sagte er.

Austritt aus dem Euro?

Wie bei den zurückliegenden Wahlen wird der Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone wieder ins Spiel gebracht. Wie SPIEGEL ONLINE berichtete „ist die Bundesregierung bereit, Griechenland notfalls aus der Eurozone ausscheiden zu lassen“, weil die Ansteckungsgefahr auf andere Länder gebannt sei. „Sollte die Opposition gewinnen, will sie mit den EU-Partnern über das griechische Sparprogramm und einen Schuldenschnitt verhandeln. Für diesen Fall hält die Bundesregierung nach SPIEGEL-Informationen ein Ausscheiden Griechenlands aus der Eurozone für nahezu unausweichlich“, so SPIEGEL ONLINE am 5.1.2015.

Erwartungsgemäß stößt dies auf große Zustimmung durch die AfD. "Ich begrüße die späte Einsicht von Frau Merkel und Schäuble, dass ein Austritt Griechenlands aus dem Euro verkraftbar wäre", sagte der Vorsitzende der Alternative für Deutschland (AfD), Bernd Lucke.

Noch drastischer sind die Drohungen mit dem Ausschluss Griechenlands aus der Euro-Zone – wie von Tschechiens Präsident Milos Zeman gefordert.

Die Realität ist, dass Tsipras und SYRIZA gar nicht die Absicht haben aus dem Euro auszusteigen. Der Wirtschaftsexperte und Parlamentsabgeordnete von SYRIZA. Janis Milios, weist diese Behauptung entschieden zurück. „Jeder, der das behauptet, liegt einfach falsch“, sagt er. Zweitens gibt es gar keine Möglichkeit Griechenland aus dem Euro auszuschließen. Laut EU-Vertrag von Lissabon ist eine Mitgliedschaft in der Währungszone "unwiderruflich".

Aber mit dieser Debatte soll die Wahl in Griechenland beeinflusst werden. Denn die große Mehrheit der GriechInnen will nicht zurück zur Drachme und hat Angst vor der totalen wirtschaftlichen Katastrophe im Fall eines Euro-Austritts.

Die Erpressung kommt diesmal nicht von den Finanzmärkten, sondern von der EZB, der EU und aus Berlin, meint der Wirtschaftswissenschaftler Yanis Varoufakis: „Die Drohungen gegen eine SYRIZA-Regierung kommen nicht von den Märkten. Griechenland ist pleite und hat keine Anleihen bei privaten Investoren. Wenn Du Dir nichts leihst, dann sind Dir die Zinsraten gleichgültig. Nein, die Drohung gegen eine SYRIZA-Regierung kommt von der EZB, von der EU und aus Berlin. Nach der Wahl ist die Möglichkeit groß, dass die Vertreter unserer europäischen Partner unter Verletzung der demokratischen und logischen Grundprinzipien die neue Regierung mit der Stillegung des griechischen Bankensystems bedrohen, bis sie sich ihrem Willen beugt. Das ist viel schlimmer und moralisch viel verwerflicher als durch den Markt terrorisiert zu werden. Investoren haben ein Recht auf hohe Zinsen wenn sie Geld verleihen. Demokratisch Regierungen und nichtgewählte Zentralbanker haben kein Recht einer neugewählten Regierung mit der Katastrophe zu drohen, wenn sie es wagt, Neuverhandlungen eines untragbaren Schuldenabkommens mit der EU, der EZB und dem IWF zu fordern.“

Schuldenschnitt zur Rettung des Euro

Eine Umschuldung, wie sie von vielen Ökonomen gefordert wird, ist unumgänglich, denn Griechenland ist noch stärker in der Pleite als 2010. Die Staatsverschuldung war Ende 2014 trotz des Schuldenschnitts 2012 nur geringfügig niedriger (2010: 330 Mrd. €, 2014 geschätzt rund 320 Mrd. €) In Relation zum BIP ist die Verschuldung sogar höher als vor der Krise und den „Rettungspaketen“: 2009 betrug die Verschuldung des griechischen Staates rund 130% des BIP, 2014 wird sie auf 170% des BIP geschätzt.

Varoufakis betont, dass die Gefahr für den Euro nicht von SYRIZA ausgeht, sondern dass die Euro-Zone durch die „Logik der bestehenden Verträge“ destabilisiert wird. „Um die Euro-Zone zu retten – und natürlich Europas Integrität und Wesen – brauchen wir einen New Deal für Europa. SYRIZA ist entschlossen, den Start für dafür zu machen, und zu klären was dieser New Deal sein soll“, sagt er.

"Die Eurozone kann nicht ewig auf des Messers Schneide balancieren. Entweder sie streicht einen Großteil der Milliardenschulden - oder sie werden alle in den Abgrund stürzen", äusserte Alexis Tsipras in seiner Rede zum Wahlkampfauftakt.

SYRIZA fordert in ihrem Regierungsprogramm – vorgelegt am 15. September in Thessaloniki – die Streichung eines großen Teils der Schulden. Dies soll auf einer „Europäischen Schuldenkonferenz“ verhandelt und vereinbart werden, die dem Modell folgt, das 1953 auf der Londoner Schuldenkonferenz für Deutschland entworfen wurde. Teil dieser Vereinbarung muss ein Schuldenmoratorium und eine „Wachstumsklausel“ sein, die die Rückzahlung der verbleibenden Schulden an das Wirtschaftswachstum koppelt. Öffentliche Investitionen werden von den Restriktionen des Stabilitäts- und Wachstumspakts der Eurozone ausgenommen.

Alexis Tsipras erinnerte außerdem daran, dass für eine von SYRIZA geführte Regierung die Entschädigung für die Nazi-Okkupation offen sein wird und die Regierung vom ersten Tag an auf Entschädigung drängen werde. Ein SYRIZA-Parlamentarier erklärte zu diesem Problem gegenüber der Presse: „Deutschland steht durch ein Darlehen, das uns während der Besatzung im Zweiten Weltkrieg aufgezwungen wurde, in der Schuld Griechenlands. Wir bestehen aber nicht darauf, Deutschland in seine Innenpolitik reinzureden, nur weil das Land unser Schuldner ist."

Linksregierung - aber wie und mit wem?

Unterdessen haben in Griechenland bereits die Überlegungen begonnen, wie eine Regierung gebildet werden könnte. Die Möglichkeit, dass SYRIZA nicht auf die Unterstützung anderer Parteien für die Regierungsbildung angewiesen wäre, besteht – ist aber klein. An Partnern fehlt es aber – zumindest bisher – ebenfalls.

Die Kommunistische Partei (KKE) hat wiederholt erklärt, dass sie nicht für eine Linksregierung zur Verfügung steht. Bei den Kommunalwahlen rief sie bei Stichwahlen zwischen SYRIZA-KandidatInnen und KandidatInnen anderer Parteien zu Stimmenthaltung auf; Aufrufe von SYRIZA zur Wahl eines KKE-Kandidaten wurden zurückgewiesen.

Die Demokratische Linke (DIMAR) ist durch die Zusammenarbeit mit der bisherigen Regierung diskreditiert, und offen ist, ob sie den Sprung über die 3%-Hürde ins Parlament schaffen wird.

Bewegung ins labile Parteiensystem hat jetzt kurz vor der Wahl der vormalige Premierminister Georgios Papandreo mit der Gründung einer neuen Partei – die lt. Papandreo „den Prinzipien der Demokratie, des Sozialismus und der nachhaltigen Entwicklung folgt“ – gebracht. Er plädiert für die Zusammenarbeit nach der Wahl mit der radikalen Linken.  

Aber gleichgültig, wie die Konstellation einer Linksregierung in Griechenland sein wird, sie wird vom ersten Tag unter dem Druck der inneren und äußeren Opposition stehen. Sie wird sich nur halten und ihr Programm realisieren können, wenn europaweite politische Solidarität organisiert wird.

„Der Weg der Hoffnung ist jetzt offen, nicht nur für Griechenland, sondern für ganz Europa. Mit einem entscheidenden Mandat für SYRIZA durch ein Urteil des Volkes kann eine Regierung der Linken in Griechenland dem Memorandum-Regime Einhalt gebieten und progressive Entwicklungen in ganz Europa einleiten. Die Europäische Linke und ihre Verbündeten setzen sich mit aller Kraft für eine dynamische europäische Solidaritätskampagne zur Unterstützung des griechischen Volkes von SRIZAs ein. Die Augen und die Hoffnung aller Völker Europas liegen nun auf Griechenland“, erklärte die Europäische Linke.

txt: lm

 

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