Ja was denn nun? Strategie, Taktik oder Ziel

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10.11.2015: Ein Beitrag von Harald Hebel, DKP Köln, zum Artikel "Dabei sein ist nicht alles!" (http://news.dkp.suhail.uberspace.de/2015/11/dabei-sein-ist-nicht-alles/):

In den bisherigen Diskussionen im Vorfeld des Parteitages wurde eine schwerwiegende Begriffsverwirrung deutlich: Es werden Begriffe wie Strategie, Taktik und Ziel unseres Wirkens beliebig benutzt, was zu Verwirrung führt.


Beispielhaft dafür ist die Formulierung der „Strategie des revolutionären Bruchs“ im Leitantrag des Parteivorstandes an den Parteitag. Ist der revolutionäre Bruch nun eine Strategie oder ein Ziel?

Die Mitglieder der DKP sind sich einig, dass der Aufbau einer sozialistischen Gesellschaft eine Notwendigkeit für das weitere (menschenwürdige, zivilisierte) Überleben der Menschheit ist. Dafür muss an einem Punkt der Klassenauseinandersetzungen ein revolutionärer Bruch mit dem kapitalistischen System vollzogen werden. Insbesondere in der BRD sind wir noch sehr weit von diesem Punkt entfernt, was zu notwendigen strategischen Überlegungen führt, wie dieser Bruch zu erreichen ist. Hier haben wir die eigentliche Bedeutung des Begriffs Strategie.

Auf einer Bezirksvorstandstagung der DKP Rheinland-Westfalen wurde von Klaus Stein ausführlich über unsere programmatischen Überlegungen zu einer kommunistischen Strategie referiert. Ebenso auf unserer Kreisvorstandsklausur der Kölner DKP.

Die langjährige Bezirksvorsitzende Anne Frohnweiler gab am Ende ihres Referats eine knappe Zusammenfassung der Etappen unserer Strategie zum Sozialismus:

 

  1. Sammeln fortschrittlicher und demokratischer Kräfte für eine Wende zum demokratischen und sozialen Fortschritt mit dem Ziel, das Kräfteverhältnis zu verschieben.
  2. Bildung von Allianzen und Stabilisierung der Bündnisbeziehungen.
  3. Bildung eines festen gesellschaftlichen Blocks mit dem Ziel der weiteren Verschiebung der Kräfteverhältnisse, so dass gesellschaftliche Alternativen eine reale Perspektive bekommen.
  4. Antimonopolistischer Block mit tiefer außerparlamentarischer und parlamentarischer Verankerung und der Möglichkeit der Regierungsbildung
  5. Revolutionärer Bruch

Thomas Mehner kritisiert daran: „Dieser „Plan“ lässt die Hälfte kommunistischer Politik komplett unter den Tisch fallen: nämlich die notwendige eigene Arbeit mit und in der Arbeiterklasse. Es gibt nur noch Bündnisarbeit.“

Abgesehen von der Selbstverständlichkeit, dass bei solchen prägnanten Zusammenfassungen viele Aspekte nicht benannt werden können – insbesondere die konkrete Ausformung, wirft Thomas Mehner einige Dinge durcheinander.

Erstens handelt es sich bei der Strategie der DKP nicht um eine Nabelschau, die von der Partei selbst ausgeht, sondern um eine Analyse der gesellschaftlichen Verhältnisse und wie diese realistisch zu verändern sind. sodass die Bewegung der gesellschaftlichen Auseinandersetzungen zum revolutionären Bruch führt. Die Geschichte wird von den Menschen in ihrer Gesamtheit gemacht und nicht nur von einer Partei. Auch dann nicht, wenn sie sich den Anspruch stellt die Interessen der Arbeiterklasse in ihrer Gesamtheit zu vertreten.
Die Kommunistische Partei muss die orientierende und die Klasse vereinigende Kraft sein. Dementsprechend muss eine kommunistische Partei die Arbeiterklasse und andere nichtmonopolistische Schichten überzeugen und mobilisieren, nicht exklusiv die bereits parteiförmig Organisierten.

Dieser Verwirrung folgend führt Mehner fort: „Die Führung von Klassenkämpfen gegen das Kapital, unser Kampf gegen bürgerliche Ideologie, die Entwicklung von Klassenbewusstsein und die Gewinnung von Hegemonie für eine marxistische Sicht auf die Gesellschaft werden in Annes bzw. Klaus‘ „strategischem Plan“ mit keinem Wort erwähnt.“ Was anderes stellt denn der kritisierte „Plan“ dar, als die Sammlung und Orientierung der demokratischen und fortschrittlichen Kräfte und die Orientierung der Kämpfe gegen die Angriffe des Monopolkapitals und die anschließende Einschränkung des Monopolkapitals bis zum schließlichen revolutionären Bruch dar?

Menschen lernen nicht aus der Theorie alleine. Es ist die Kombination aus praktischen Erfahrungen und Reflektion der gesellschaftlichen Verhältnisse, die zu Klassenbewusstsein führen. Da können wir als DKP trotz unserer Schwäche viel bewirken, orientierend wirken und die Entwicklung von Klassenbewusstsein fördern.

Das ist keineswegs ein "Plan" von Klaus und Anne, der richtig oder falsch sein mag, sondern es ist die strategische Orientierung unseres gültigen Parteiprogramms.

Wenn Mehnert der Meinung ist und das schreibt er, dass die Strategie der DKP falsch ist, dann sollte er dafür werben eine Programmdiskussion zu eröffnen und dies auch in demokratisch-zentralistische Bahnen zu lenken. Wie das geht, steht in unserem ebenfalls gültigen Statut.

Um die Theorie in die Praxis zu überführen, stellen wir hier einige Tätigkeiten der Kölner DKP vor, um unseren Lesern die Möglichkeit zu geben sich ein eigenes Bild zu machen. Der Leser wird bemerken, dass diese Herangehensweise zur Profilierung als eigenständige Partei führt und uns nutzt. – Ganz im Gegenteil zu den von Mehner geäußerten Befürchtungen.

Wer die UZ liest, wird eventuell mitbekommen haben, dass sich Köln als erste Millionenstadt gegen TTIP ausgesprochen hat. Festgehalten wurde das in einem Beschluss des Rates der Stadt Köln. ( http://koeln.dkp-nrw.net/index.php/dkp-koeln/13-koeln-gegen-ttip-2 )
Wie kam es dazu? Als sich die Kölner Initiative gegen TTIP entwickelte, waren als solches bekannte Mitglieder der DKP von Anfang an der Vorbereitung beteiligt. Es wurde sich auf einen Bürgerantrag samt massenhafter Unterschriftensammlung geeinigt. Der Bürgerantrag wurde von einer mit uns befreundeten Bürgerin gestellt, tausende Unterschriften wurden gesammelt, Veranstaltungen mit mehreren hundert Teilnehmern inklusive auf dem Podium vertretenen Genossen wurden durchgeführt.

Schließlich wurde der Antrag, der sich gegen TTIP und insbesondere den Sonderrechten der Großkonzerne ausspricht, vom Rat der Stadt Köln mit überwältigender Mehrheit angenommen. Die meisten Fraktionen – von der Linkspartei über die SPD bis zur CDU – stimmten nach intensiver Debatte zu.

Beflügelt von diesem Erfolg kämpft die No-TTIP-Initiative bis heute weiter gegen diesen Angriff des Monopolkapitals.

Viele werden die Oberbürgermeisterwahlen in Köln mitbekommen haben. Sie war durch den ein oder anderen Skandal und dem faschistischen Attentat auf Frau Reker in die Schlagzeilen geraten.

Die Linkspartei entschied sich nicht zu kandidieren. Eine linke Bündniskandidatur kam nicht zustande, den organisatorischen Aufwand zur Findung eines Kandidaten und einen intensiven Wahlkampf konnte die DKP so kurzfristig nicht stemmen. Wir schätzten dies als ein Versäumnis ein.

Trotzdem griff die DKP satirisch und inhaltlich in den von Inhalten befreiten Wahlkampf ein.
Wir druckten Plakate und Aufkleber, thematisierten unsere inhaltlichen Positionen in unseren Stadtteilzeitungen und veröffentlichten Erklärungen zum faschistischen Attentat auf die Kandidatin und nun gewählte Oberbürgermeisterin Henriette Reker. (http://koeln.dkp-nrw.net/index.php/dkp-koeln/307-henriette-reker-ueberlebt-faschistischen-mordanschlag)

Als abschließendes drittes Beispiel für die praktische Umsetzung der Strategie der DKP möchten wir unsere Aktivitäten zur so genannten „Flüchtlingskrise“ nennen. Angeregt durch einen Bericht in der UZ über eine von Genossinnen und Genossen mitorganisierten Veranstaltung in Duisburg, luden wir verschiedene Organisationen und Parteien dazu ein mit uns eine entsprechende Veranstaltung durchzuführen. ( http://koeln.dkp-nrw.net/index.php/dkp-koeln/306-was-dem-willkommen-folgt )

Die Veranstaltung war von vielen Organisationen getragen und mit über 50 Teilnehmern gut besucht. Auf dem Podium waren zwei als solche erkenntliche Genossen vertreten. Neben der Vermittlung von Inhalten und ihrer Diskussion wurde eine Fortsetzung als Veranstaltungsreihe vereinbart und viele neue Kontakte zu anderen Organisationen geknüpft.

Nun kann der Leser anhand dieser drei Beispiele aus etlichen Aktivitäten dieses Jahr –Solidarität mit streikenden Kolleginnen und Kollegen, Solidarität mit dem griechischen Volk, antifaschistische Aktivitäten und vieles mehr - selbst entscheiden, ob die bisherigen strategischen Erarbeitungen der DKP, die auch im Parteiprogramm von 2006 festgehalten sind, geeignet sind das Kräfteverhältnis zu verändern und fortschrittliche Inhalte zu transportieren, sowie auch die DKP zu stärken.

Harald Hebel, DKP Köln