Zur aktuellen Lage in der DKP

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17.10.2017: Betrachtet man die Realitäten der politischen Entwicklungen in Teilen der Welt und in der Bundesrepublik Deutschland, so muss man als Kommunistin / Kommunist Sorgen und Herausforderung neuer Art empfinden. Kriege werden geführt, und wie immer sie definiert werden: es geht um Macht, Einfluss, Profit und Herrschaftsstrukturen. Neue Kriege, z.B. auf der koreanischen Halbinsel und gegen den Iran, werden in einer selten dagewesenen Wortwahl angekündigt. Reaktionäre Regimes mit faschistischen Zügen wie in der Türkei, auf den Philippinen, aber auch in Ungarn, Polen und anderswo entwickeln Politik, die teilweise menschenverachtend und inhuman ist. Reaktionäre Parteien und Bewegung erhalten Zulauf und bestimmen politische Verhältnisse auch in EU – Europa mit. Die politische Achse verschiebt sich insgesamt nach rechts. Die entscheidenden Teile des transatlantischen Kapitals, ihrer Regierungen, Regionalstrukturen und weltweiten Machtinstitutionen wollen für den Maximalprofit alle Verhältnisse weiter zu ihren Gunsten verändern. Faktisch soll die UNO politisch ausgeschaltet werden. Die ökonomischen und politischen Machtstrukturen haben diktatorische Machtmittel, über die die Reichsten der Welt - ein Prozent der Bevölkerung - ihre Interessen steuern. Demokratie im Sinne von Selbstbestimmung und Mitentscheidung in der Gesellschaft in allen wesentlichen Fragen findet immer weniger statt.

Die ökologischen Bedürfnisse der Bevölkerung nach Klimaschutz und einer Natur im Einklang mit den Lebensinteressen dieser und zukünftiger Generationen werden mehr oder weniger offen missachtet. Die Folgen sind bekannt!

Kriegsbeteiligungen, Erhöhung der Rüstungsausgaben zu Lasten der sozialen Leistungen, reaktionärer Umbau der Arbeitsverhältnisse und der sozialen Systeme, des Bildungssystems, der demokratischen Verhältnisse und der kulturellen Verfasstheit.

Schwarz – gelb – grün sind die Farben, die nach dem Willen des großen Finanzkapitals regieren dürfen. In der BRD haben noch zu viele Menschen Vertrauen in das politische und ökonomische System. Oder sie wenden sich zu größeren Teilen solchen Parteien wie der AfD zu. Links ist für viele Menschen noch keine denkbare Alternative.

In dieser kurz skizzierten Situation wirken DKP-Mitglieder und -Strukturen, oft nur in einigen Orten und durch die persönliche Präsenz wahrnehmbar. Allerdings als Teil linker Zusammenhänge häufig auch mit einer großen Ausstrahlung.

Bei zentralen Wahlen gibt es keinen wahlpolitischen Platz der DKP. Das ist bei Kommunalwahlen vor Ort manchmal anders. Keine noch so positiv dargestellte Einzelbeispiele zu diesen Bundestagswahlen können dieses Gesamtbild verändern. 11700 Stimmen - 0,033 Prozent - ist der bisherige Tiefpunkt für eine bundesweite Wahlbeteiligung. Liest man PV-Referate und -Beschlüsse, so wird man unsicher, wie weit die Realitäten im Land und in der DKP noch wahrgenommen werden.

Da wird die Bezirksorganisation Südbayern und die größte Kreisorganisation der DKP in München zerschlagen und aufgelöst.  Genossinnen und Genossen werden aus der DKP faktisch heraus getrieben. Das Signal ist: „Ohne euch geht es besser, kommen wir schneller voran.“ Welch ein Unsinn!

Der nächste, aus Sicht des Sekretariats des Parteivorstandes wichtigste Schritt ist die Unvereinbarkeit zum Netzwerk Kommunistische Politik. Auch auf die 250 Unterzeichnerinnen und Unterzeichner des Offenen Briefes will man verzichten - das ist die Botschaft.

Seit der letzten Neuausgabe der Mitgliedsbücher haben erneut circa 300 Mitglieder die DKP verlassen, UZ-Abos haben mindestens in gleichem Umfang abgenommen. Die politische Substanz wird ausgedünnt, Bezirks- und Kreisorganisationen und Gruppen werden existenziell gefährdet. Das trifft die Gesamtpartei in ihren bisherigen Existenzbedingungen, es betrifft viele linke Zusammenhänge und Bewegungen, Bündnissen und Gewerkschaften in Orten, Kommunen und Bundesländern. Es wird die politische Situation in manchen Orten verändern.

Wer übernimmt eigentlich die Verantwortung? Die Konstruktionen zur Begründung dieses Vorgehens sind hanebüchene Unterstellungen. Wer selbst jahrzehntelang Fraktionsarbeit geleistet hat, weiß sehr wohl, dass das Netzwerk Kommunistische Politik keine Fraktion ist.

Wer Beschlussverbindlichkeit bis zum 20. Parteitag nach eigenem Gutdünken praktiziert hat, der sollte vorsichtig sein mit der Verkündung von allgemein gültigen immer währenden vermeintlichen Prinzipien von Beschlussverbindlichkeit.

Wer gegen das DKP Programm von 2006 16 Jahre in der Entstehungsphase und nach der Beschlussfassung gekämpft hat, dem unterstelle ich aktuell ein taktisches Verhältnis zum Programm. Solange keine nachvollziehbare Selbstkritik erfolgt, dient das formale Bekenntnis zum Programm und  zur Reformpolitik, wie teilweise im vorgelegten Entwurf eines Leitantrages, aus meiner Sicht lediglich zur Verschleierung der Absichten, nämlich das Programm umfassend substanziell zu ändern und aus der DKP eine kleinbürgerlich linksradikale Sekte zu machen.

Es ist auch notwendig, auf manche gebrochene Biographie jener hinzuweisen, die sich heute gerne als Gralshüter einer vermeintlich reinen Lehre des Marxismus / Leninismus darstellen. Das sind jene, die sich in maoistischen und trotzkistischen Sektierer Gruppen politisierten und heute in der DKP immer noch manches dieser sektiererischen Politik einbringen. Dort sind andere, die mit den sogenannten Erneuerern 1989/90 gegen die DKP kämpften mit dem formulierten Ziel, sie aufzulösen. Es sind nicht wenige, die in den schwierigsten Situationen der DKP 1989/90 sich eine „Auszeit“ nahmen. Einige traten aus, um später wieder einzutreten. Einige weigerten sich, politische Verantwortung zur Leitungsarbeit zu übernehmen. Viele dieser DKP Mitglieder nahmen an der schwierigen Aufgabe, die DKP zu erhalten und zu erneuern, nicht teil. Sie kennen die Debatten zum neuen Parteiprogramm, zum Statut und zu Aktivitäten der DKP unter gänzlich neuen Bedingungen nicht oder nicht ausreichend.

Sie maßen sich Urteile über Genossinnen und Genossen an, die teilweise auch in der illegalen KPD Mitglied waren, die unter schwierigsten Bedingungen Verantwortung übernahmen und der DKP eine Chance zu einer politischen Zukunft ermöglichten. Dieser Umgang mit ehemals verantwortlichen Mitgliedern der DKP zeigt mehr als manche Worte, wie sehr diese heutigen Verantwortungsträger in dieser Gesellschaft der Ellenbogen und des Individualismus angekommen sind. Was sich in Vorbereitung des 22. Parteitages in der DKP abspielt, empfinde ich als ein unwürdiges Trauerspiel.

Alle Angebote vieler Briefeschreiber, Antragsteller und Resolutionsverfasser, zu Gesprächen und Maßnahmen zu kommen, die entspannende Wirkung haben könnten, sprechen für sich. Für den Parteivorsitzenden waren dies nur zu erwartende Meinungsäußerungen! Dieser Umgang schockiert mich als langjährigen Vorsitzender der DKP.

Meine Hoffnungen auf echte ehrliche Gesprächs- und Diskussionsbereitschaft sind fast aufgebraucht. Anmaßung und Arroganz nehme ich wahr - eher selten- politisches Wissen und Verantwortung. Wo bleiben unsere Gemeinsamkeiten, notwendiger Respekt und Achtung – genossenschaftliches Verhalten eben. Wenn ich an den 22. Parteitag denke, frage ich mich was soll und was kann er unter diesen Bedingungen bringen?

Heinz Stehr

 

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