„Engpass“ oder „Sackgasse“ des Kapitalismus

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Bericht vom Jahrestreffen des Netzwerks kommunistische Politik

Vierzig Genossinnen und Genossen – einige auch nicht mehr in der DKP – kamen zum Jahrestreffen des „Netzwerks Kommunistische Politik“ Mitte Oktober in Hannoversch-Münden, um u.a. mit Georg Fülberth darüber zu diskutieren, ob wir am „Ende des Kapitalismus“ (Ulrike Herrmann) stehen, oder ob er sich nicht eher neu sortiert und sich umbaut. G. Fülberth sieht den Kapitalismus in einem „Engpass“, der 4. Systemischen Krise, die gekennzeichnet sei durch Überakkumulation, extreme und zunehmende Ungleichheit, eine Biosphärenkrise und eine wachsende (Welt-) Kriegsgefahr. In den vergangenen Jahren versuchten Regierung und Kapital, dieser Überakkumulation durch Investitionen in die Bekämpfung des Klimawandels zu begegnen (Stichwort „Green New Deal“). Inzwischen aber wurde dieser Versuch abgelöst durch „Kriegskeynesianismus“. Mit der „Neusortierung“ des Kapitalismus geht auf der Seite der Arbeit eine Reduzierung der Arbeitszeit des Einzelnen einher, gleichzeitig aber nimmt die insgesamt geleistete gesellschaftliche Arbeitszeit zu; intellektuelle Arbeit wird z.T. durch Künstliche Intelligenz ersetzt. Bisher vor allem von Männern geleistete Arbeit nimmt ab, damit verändert sich auch die „binäre“ Geschlechterordnung bzw. löst sich auf. Mit diesen Stichpunkten legte Georg die Grundlage für eine erste lebhafte Diskussion, auch über die Frage, ob ein „Kapitalismus 2.0“ zu einem schonenderen Umgang mit Res-sourcen fähig ist. Diskutiert wurden auch die Auswirkungen der Entwicklung Chinas und der BRICS-Staaten auf den globalen Kapitalismus und wie die westlichen imperialistischen Staaten damit umgehen.

Eine zweite Referats- und Diskussionsrunde befasste sich mit den Wahlen in 2024, dem Erstarken der AfD und der Gründung des BSW. Das Ende der „Ampel“ ist absehbar, gleichzeitig haben bisherige Koalitionen keine Mehr-heit, es bleibt eine – negative – Gemeinsamkeit (noch!): die AfD bleibt bei Regierungsbildungen draußen, was sie zu einem „zentralen Punkt der Politik“ macht. Hintergrund dieser Lage ist die „suspendierte Krise“ von 2008/9, also eine nicht gelöste Krise, die zu einer langdauernden Stag-nation und einem rasant abnehmendem gesellschaftlichen Zusammenhalt geführt hat, bei einer sich immer weiter zuspitzenden Krise des Mensch-Natur-Verhältnisses. Internationale Konflikte mit dem Potential zu großen Kriegen nehmen zu. Wie bereits im ersten Teil angesprochen, tritt das Klima- hinter dem Rüstungsthema und dem Schwerpunkt auf internationale wirtschaftliche Konkurrenzfähigkeit zurück. Innenpolitisch wird versucht, eine „Wagenburg der (sog.) Mitte gegen die AfD zu schaffen – allerdings ist die Gefahr eines Durchbruchs nach Rechts sehr groß. Die AfD, so Georg, gehört zur Gesellschaft der BRD und kann sich auf eine breite rechtspopulistische Strömung stützen, die geprägt ist von Protektionismus und Fremdenfeindlichkeit. Sie ist eine faschistoide Partei, die von einer Bewegung getragen wird. Mit Symbolpolitik gegen diesen faschistoiden Block mit der AfD als Kern wird der Durchbruch nach Rechts nicht aufzuhalten sein. Auf kommunaler Ebene funktioniert die propagierte „Brandmauer gegen Rechts“ oft schon nicht mehr. Wenn wir über die Grenze Deutschlands hinausschauen, sehen wir in der EU bereits eine zunehmende Öffnung zum rechtsradikalen Block, auch inhaltlich. Die Diskussion drehte sich stark um die AfD. Es wurde festgehalten, dass wenig über ihre Programmatik gesprochen wird; dabei würde man feststellen, dass sie sich inhaltlich immer wieder an die Bedürfnisse des Großkapitals anpasst; Beispiele seien die Haltung zur EU, zum Euro, oder auch in sozialen Fragen wie der Ablehnung von Vermögens- und höheren Unternehmenssteuern. Eine offene Flanke für die AfD ist, dass das Aufstiegsversprechen in unserer Wirtschaftsordnung nicht mehr aufrecht-erhalten werden kann. Ihre Haltung zu Russland, die für manche friedensbewegte Menschen irritierend ist, ergibt sich aus der Einschätzung der AfD, dass eine Politik gegen Russland die internationale Konkurrenz-position Deutschlands schwächt. Dass das „AfD-Phänomen“ nicht etwas typisch deutsches ist, belegt ein Blick in andere Länder Europas oder auch Amerikas. Die Gründung des BSW, die von einigen positiv gesehen wurde, wurde nur kurz angesprochen und vor allem als Antwort auf die Krise der Sozialdemokratie interpretiert.

Das dritte Referat und die nachfolgende Diskussion stand unter dem Motto: „Was tun?“ und beschäftigte sich mit den Gegenkräften. Wo wird die DKP sichtbar, fragte Georg, und nannte die Friedensbewegung und auch, abgeschwächt, die Gewerkschaftsbewegung. Es gibt uns nicht in der Umweltbewegung. Es muss um ein Zusammenfassen des Oppositionspotentials gehen, im Sinne von nicht nur solidarischer Vernetzung, sondern von solidarischer Zusammenarbeit und gemeinsamem Entwickeln von Alternativen zum Neoliberalismus und auch zum Kapitalismus. Ein widersprüchliches System wie der Kapitalismus bringt immer wieder Menschen in Bewegung. In der Diskussion wurde u.a. festgestellt, dass wir dazu beitragen müssen, soziale und gewerkschaftliche Auseinandersetzungen zu politischen Kämpfen weiterzuentwickeln, was auch eine Bewußtseinsentwicklung der Akteure bedeutet. Auch Fülberth hatte betont, dass dafür die DKP wichtig und nötig ist.

(Die Inhalte der drei einführenden Vorträge von Georg Fülberth werden ab-gedruckt in der nächsten Ausgabe von „Z. Zeitschrift Marxistische Erneuerung“ und im Heft „Lunapark“, das im Dezember wieder erscheint.)

Wie weiter mit dem „Marxistischen Ratschlag“?

Die bisherigen drei Ratschläge mit hochkarätigen Referentinnen und Referenten befassten sich mit der Einschätzung und möglichen Entwicklung der Krise unserer Wirtschaft und Gesellschaft, auch unter internationalen Gesichtspunkten, der Kriegsgefahr und den „Gewerkschaften zwischen Integration und Klassenkampf“. Gedacht waren sie als Beitrag zur Verständigung von sich als marxistisch verstehenden Kräften. Sie wurden gemein-sam mit der Marxistischen Linken und Genoss/inn/en der Linkspartei organisiert. Referate und Diskussionen, so wurde festgestellt, waren von hoher Qualität, gleichzeitig ging allerdings die Teilnehmerzahl zurück, vor allem aus Kreisen der PdL. Einig waren wir uns, dass es sinnvoll ist, die Marxistischen Ratschläge fortzuführen. Wir müssen und wollen aber den Vorbereitungs- und Teilnehmerkreis erweitern. Diesen Vorschlag wollen wir mit den bisherigen Organisatoren besprechen, mögliche Themen für einen Ratschlag im Herbst kommenden Jahres könnten Fragen der Demokratie und des Kampfs gegen Rechts sein – bestimmt sehr aktuell nach den Bundestagswahlen im September 2025. Erfreulich war die Aussage von Braunschweiger Genossen, dass die Rat-schläge positive Auswirkungen auf die jährlichen „Gramsci-Tage“ hatten, beispielsweise was Referenten betraf.

Netzwerk und Lage der DKP

Besorgniserregend bleibt weiterhin die Lage der DKP mit weiter abnehmen-der Mitgliederzahl. Dabei trat der jetzige PV vor mehr als 10 Jahren mit dem Ziel gegen die als „revisionistisch“ diffamierte damalige Parteiführung an, die DKP als „marxistisch-leninistische Partei“ wieder zu größerer Bedeutung zu führen. Anstelle aber über die Gründe für den fehlenden Erfolg ernsthaft nachzudenken, wird immer noch der „alte“ PV dafür verantwortlich gemacht. Es drängt sich der Vergleich mit der SED auf, die noch nach Jahrzehnten für Alles verantwortlich gemacht wird, was in den ostdeutschen Bundesländern schief läuft. In einem Brief der Braunschweiger Genossen (s. „Zur organisationspolitischen Orientierung der DKP“) wurde die Herangehensweise des PV kritisiert und auch in unserer Diskussion geteilt: Eine Zentralisierung der Entscheidungen beim PV und eine „Anleitung“ der Parteigruppen, die dazu dient, von oben entwickelte und verordnete Politik (besser) umsetzen zu können, führt nicht zu einer Stärkung der DKP. Es muss vielmehr darum gehen, die Parteigruppen zu unterstützen beim eigenständigen Entwickeln der Politik, und ein offenes solidarisches Diskussionsklima fördern, wo um die besten Wege gerungen wird, um die Rechtsentwicklung in unserem Land zu stoppen und eine gute Bündnispolitik zu entwickeln. Gleichzeitig wird durch diese „Top-Down“-Orientierung aber auch deutlich, dass offenbar viele Parteigruppen sich nicht an die zentralen Orientierungen gebunden fühlen, vielleicht auch, weil sie nicht genügend in die Politikentwicklung eingebunden sind. D.h., es wird „unten“ korrigiert, was „oben“ „falsch“ oder aus ungenügender Kenntnis der Verhältnisse vor Ort beschlossen wurde. In vielen Diskussionsbeiträgen wurde dies untermauert und festgehalten, dass die DKP nicht nur der Parteivorstand ist: die Partei besteht aus eigenständig und marxistisch denkenden Mitgliedern mit ganz unter-schiedlichen Lebenswelten und Erfahrungen. Aber sie sind einig im Ziel, den Frieden zu bewahren und den Kapitalismus zu überwinden. Über die Wege dazu lohnt es sich zu streiten. Das sehen wir als einen ständigen Prozess, der organisiert werden muss. Einigkeit bestand darin, dass wir uns als Netzwerk weiterhin treffen, um Erfahrungen und Informationen auszutauschen. Wir wollen die Politik der DKP weiterentwickeln mit dem Ziel, sie zu stärken und wieder zu einem anerkannten Partner anderer fortschrittlicher Bewegungen zu werden, und dabei können wir durchaus optimistisch sein. Wir wollen unsere Politik nicht abgeschottet von anderen Kräften entwickeln, sondern im Austausch mit anderen linken und marxistischen Kräften, auch mit solchen, die wissenschaftlich tätig sind. Dem dient auch unser Papier „Nein zum Katastrophenkapitalismus – Gemeinsam für ein menschenwürdiges Leben, gegen Profitgier und Kapital“, das wir beim Treffen ebenfalls diskutiert haben und nach entsprechenden Veränderungen veröffentlichen werden. Es ist als Diskussionsangebot nicht nur innerhalb der DKP gedacht und kann auch bei der inhaltlichen Vorbereitung des Parteitags im nächsten Jahr helfen.

 

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