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Sensationeller Wahlerfolg für Kommunisten in Salzburg

von Georg Polikeit

Das war die Überraschung des Wahlsonntags am letzten Wochenende (23.4.2023) im österreichischen Bundesland Salzburg. Die Liste der „KPÖ Plus“ machte bei einer Wahlbeteiligung von 70,9 % einen Sprung von 0,4 (Landtagswahl 2018) auf 11,66 Prozent. Sie erreichte damit erstmals seit Jahrzehnten ein zweistelliges Wahlergebnis und den 4. Platz im Salzburger Parteienspektrum. Sie überholte die Grünen, die mit leichten Verlusten (- 1,1 %) auf 8,2 % und damit auf Platz 5 kamen, und liegt nur 6,2 % hinter der SPÖ, die bei einem Verlust von 2,1 % mit 17,9 % Platz  3 des Salzburger Parteienspektrums erreichte. Bei den Wählerinnen und Wählern unter 30 Jahren belief sich der Stimmanteil der KPÖ Plus sogar auf 13 %, bei den Frauen auf 12 %. Die KPÖ zieht damit erstmals seit 1949 wieder mit 4 Abgeordneten in den Salzburger Landtag ein. Das ist der zweite Landtag in Österreich, in dem die Kommunisten vertreten sind, nach dem Einzug schon im Jahr 2005 in den Landtag der Steiermark.

Stärkste Partei im Bundesland Salzburg blieb mit 30,4 % die rechtskonservative ÖVP („Österreichische Volkspartei“, Äquivalent zur deutschen CDU/CSU), obwohl sie mit einem Stimmenrückgang um 7,4 % einen schweren Verlust zu verzeichnen hatte. Auf dem zweiten Platz landete die rechtsextreme FPÖ („Freiheitliche Partei Österreichs“, in etwa vergleichbar der deutschen AfD) mit 25,7 %. Sie nahm um 6,9 % zu, blieb damit allerdings deutlich hinter ihren Erwartungen zurück, bei dieser Wahl die Spitze übernehmen zu können. Absoluter Wahlverlierer sind die liberalen NEOS („Das Neue Österreich“). Sie hatten sich 2018 zusammen mit ÖVP und Grünen an der Salzburger Landesregierung („Dirndlkoalition“) beteiligt, was sich für sie aber offensichtlich nicht auszahlte. Sie gingen von 7,3 % auf 4,2 % zurück und flogen deshalb, an der bestehenden Fünfprozentklausel scheiternd, ganz aus dem Landtag (s. Tabelle am Ende des Textes).

In der Landeshauptstadt Salzburg selbst, der „Mozartstadt“ (Geburtsstadt des international berühmten Komponisten Wolfgang Amadeus Mozart), in der seit langem bürgerllch-konservative und rechte Wählerstimmungen dominieren, war das Ergebnis für die KPÖ Plus noch besser als im Durchschnitt des Bundeslandes. Hier kam die KPÖ Plus sogar auf 21,5 %, womit sie zweitstärkste Partei in der Stadt nach der ÖVP wurde, die mit 24,8 % nur noch 3,3 % vor den Kommunisten liegt. Die Kommunisten überholten hier sogar die rechtsextreme FPÖ und auch die SPÖ und die Grünen.

Das „Plus“ in der Parteibezeichnung steht übrigens als Abkürzung für „Plattform Unabhängig & Solidarisch“. Sie bezeichnet das Bündnis, zu dem sich die traditionelle KPÖ seit 2017 mit den „Jungen Grünen“ und anderen Linken zusammengeschlossen hat. Die Jungen Grünen waren ursprünglich Teil der Grünen Partei. Im Ergebnis verschiedener politischer Differenzen entwickelte sich jedoch eine zunehmende Kluft mit der grünen „Mutterpartei“, bis es im März 2017 zum offenen Bruch kam. Die Parteispitze der Grünen verkündete den Rauswurf der Jungen Grünen aus der Partei. Im Ergebnis intensiver Diskussionen einigten sich diese daraufhin, zu der anstehenden Nationalratswahl (Parlamentswahl) zusammen mit der KPÖ unter der Bezeichnung „KPÖ PLUS“ anzutreten.

Der Spitzenkandidat der KPÖ Plus in Salzburg, der 34-jährige Kay-Michael Dankl, der Geschichte studiert hat und derzeit in Teilzeit als Museumsführer arbeitet sowie seit 2019 für die KPÖ Plus im Salzburger Gemeinderat sitzt, war zuvor selbst Mitglied der Jungen Grünen und 2015 – 2017 deren Bundesvorsitzender gewesen. Er war nach dem Bruch mit der Grünen Partei aktiv an der Hinwendung zur KPÖ beteiligt. Die KPÖ Plus bot den Wählerinnen und Wählern also bei der jetzigen Landtagswahl mit dem jungen Team von Aktivisten um Dankl gegenüber früher ein völlig neues Gesicht. Das dürfte eines der Elemente gewesen sein, die zum Wahlerfolg der kommunistischen Liste in Salzburg beigetragen haben.

Dankl selbst verwies in seiner Stellungnahme zum Wahlergebnis darauf, dass der Wahlerfolg der KPÖ Plus in Salzburg ein „starkes Zeichen“ dafür sei, dass viele Menschen, enttäuscht von den bisher vorherrschenden Parteien, eine „andere und ehrliche Politik“ wollen. „Eine Politik, die endlich die extrem teuren Wohnkosten und die explodierenden Energiepreise angeht. Eine Politik, die verhindert, dass viele Menschen trotz Arbeit zu wenig zum Leben haben. Eine Politik, die dafür sorgt, dass kein Kind in Armut aufwächst“.

Diese allgemeine Stimmungslage und das Suchen nach einer glaubwürdigen Alternative, ohne den Ausweg bei den Rechtsextremisten zu sehen, war zweifellos ein weiteres Element, das den Wahlerfolg der KPÖ Plus in Salzburg erklärbar macht.

Vor allem aber erklärt sich dieser Erfolg aus der hartnäckigen Arbeit vor Ort und dem anhaltenden Einsatz der KPÖ-Plus für soziale Belange der Bevölkerung und auch kleinste kommunale Verbesserungen. Die seit November 2021 kommunistische Bürgermeisterin in Graz, der Landeshauptstadt der Steiermark, Elke Kahr, die persönlich am Wahlkampfeinsatz in Salzburg teilgenommen hat, stellte dazu fest: „Dass die KPÖ in einem weiteren Bundesland in den Landtag einziehen kann, ist nicht vom Himmel gefallen. Es ist das Ergebnis jahrelanger Arbeit mit viel persönlichem Einsatz und guten Ideen für die Leute in Salzburg.“

Spitzenkandidat Dankl seinerseits sagte wiederholt, dass er sich am Beispiel der Grazer KPÖ orientiere. Dementsprechend machte die Salzburger KPÖ Plus ebenfalls die Frage der Wohnungspolitik und der dramatisch steigenden Wohnungskosten sowie die konkrete Hilfe für Mieterinnen und Mieter in Not zu einem Schwerpunkt ihres Wahlkampfs. Nach Grazer Vorbild hielt Spitzenkandidat Dankl auch in Salzburg in den letzten Monaten mehrere hundert Sozialsprechstunden ab. Die Kandidatinnen und Kandidaten der KPÖ Plus verkündeten wie in Graz, dass sie, wenn sie gewählt werden, sich mit einem Einkommen von ca. 2000 Euro begnügen werden und den Rest ihrer Abgeordnetenvergütungen in eine Hilfskasse für Menschen in Not spenden werden. Dankl konnte darauf verweisen, dass er von seiner Gemeinderatsvergütung seit 2019 rund 20 000 Euro in eine solche Hilfskasse abgeführt hatte.

Dankl erklärte in einer Stellungnahme zum Wahlerfolg in Salzburg: „Wir sehen den heutigen Tag nicht in erster Linie als Wahlsieg, sondern als Auftrag, den die Wählerinnen und Wähler uns erteilt haben. Wir nehmen diese Herausforderung an – und wissen, dass es eine große Aufgabe sein wird.“ Mit einem Wahlsieg sei noch nichts gewonnen, nur eine bessere Ausgangslage erreicht. „Heute freuen wir uns – und morgen beginnt die nächste, größere Herausforderung“. Denn noch gebe es keine politischen Mehrheiten für eine Politik, die sich wirklich für leistbare Mieten, gute Pflege und ein vernünftiges Bildungssystem einsetzt. Daher gebe es „keinen Grund zur Selbstzufriedenheit oder sich jetzt auszuruhen“. „Es freut uns, dass wir stark an Vertrauen gewonnen haben. Dass viele Menschen Hoffnung in uns setzen“. Doch dieser Wahltag sei „kein Ende, sondern ein Anfang“. Durch den Einzug in den Landtag habe man mehr Möglichkeiten. Aber „ob wir wirklich etwas zu feiern haben, sehen wir in fünf Jahren“. Erst dann werde man beurteilen können, „was wir erreicht haben“.

Weitere Infos auf kommunisten.de

Land Salzburg - Landtagswahl am 23. April 2023

 

LTW 2023

LTW 2018

Differenz

absolut

in %

absolut

in %

absolut

in PP?

Wahlberechtigte

 

386.972

         

390.091

       

-

3.119

       

abgegebene Stimmen

 

274.521

   

70,9

   

253.396

   

65,0

 

21.125

 

6,0

 

davon ungültig

 

5.331

   

1,9

   

2.857

   

1,1

 

2.474

 

0,8

 

davon gültig

 

269.190

         

250.539

       

18.651

       

ÖVP

 

81.752

   

30,4

   

94.642

   

37,8

 

12.890

 

-

7,4

 

SPÖ

 

48.099

   

17,9

   

50.175

   

20,0

 

2.076

 

2,2

 

FPÖ

 

69.310

   

25,7

   

47.194

   

18,8

 

22.116

 

6,9

 

GRÜNE

 

22.074

   

8,2

   

23.337

   

9,3

 

1.263

 

1,1

 

NEOS

 

11.310

   

4,2

   

18.225

   

7,3

 

6.915

 

3,1

 

KPÖ

 

31.383

   

11,7

   

1.014

   

0,4

 

30.369

 

11,3

 

WIRS

 

3.191

   

1,2

             

3.191

 

1,2

 

MFG

 

2.071

   

0,8

             

2.071

 

0,8

 

Einschätzende Anmerkungen zum 25. Parteitag der DKP

26. März 2023 - Rainer Dörrenbecher

Der 25. Parteitag der DKP fand statt in einer sehr komplizierten internationalen Lage mit ebenso komplizierten Herausforderungen an nicht-imperialistische und realistische Kräfte, nicht nur zur Beendigung des Russland-Ukraine-Krieges. Der Parteitag fand statt vor dem Hintergrund der notwendigen Einschränkung des Klimawandels und der damit verbundenen Veränderung der Produktions- und Lebensweise. Das stellt die Arbeiterbewegung international vor komplizierte gesellschaftspolitische und soziale Herausforderungen - auch in Deutschland, einem der höchst entwickelten imperialistischen Länder. Auf dieser Grundlage sollte der 25. DKP-Parteitag beurteilt werden.

Patrik und Wera haben eine sehr positive Bilanz gezogen, Patrik im Schlusswort auf dem Parteitag und im Interview mit „Junge Welt", Wera im Artikel Ein vorwärtsweisender Parteitag | Unsere Zeit (unsere-zeit.de) u.a. Orientiert an der Aufgabenstellung und den Vorgaben des Sekretariats für die Diskussion ist die Wertung im Wesentlichen zutreffend. Ausgehend davon, dass die gegenwärtige Lage und Perspektive nicht nur der ArbeiterInnenklasse, sondern der Menschheit andere, weitergehende Fragen und Versuche von Antworten braucht, bleibt der DKP Parteitag hinter diesen Anforderungen weit zurück. Wichtige, entscheidende Probleme wurden nicht thematisiert. Dieser Parteitag erhöht nicht die Politikfähigkeit der DKP. Das politische Niveau von Referat und vieler Diskussionsbeiträge bleibt hinter den Herausforderungen zurück. Die Bilanz fällt deshalb sehr kritisch aus.
Die Diskussion war auf dem Parteitag inhaltlich aufgeteilt in die Diskussion zum Referat und Berichte zu drei Komplexen: in Erfahrungsaustausch Wirken an die Klasse, Erfahrungsaustausch Kommunalpolitik, Erfahrungsaustausch Friedens- und sozialer Kampf, Bündnispolitik sowie zeitlich begrenzte Debatten zu den Anträgen „Heizung, Brot ..." und „China".
Die Zusammensetzung der Delegierten war sehr einheitlich. Der kritische Teil marginal. Patrik und Wera haben ein außerordentlich breites Vertrauen bei den Delegierten; das wurde bei den Wahlen unmissverständlich. Bei 170 abgegebenen Stimmen erhielten Patrik 157 und Wera 160 Stimmen. Nach dem Weggang einiger linksradikaler GenossInnen hält der verbliebene Teil - trotz Meinungsverschiedenheiten - (fest) zusammen. Auffallend ist allerdings, dass außer Björn Blach niemand mehr aus den ehemaligen Führungen der SDAJ vertreten ist.

Grußschreiben von Bündniskräften gab es von Anne Rieger, Bundesausschuss Friedensratschlag; Florian Gutsche, Bundesvorsitzende der VVN-BdA, DIDF und weiteren engen Partnern. (siehe UZ, 24.03.)
Der interne Aufruf „Heran an die Klasse" hat sich als Ausdruck der Situation der Partei bestätigt. Die DKP wirkt nicht in der Klasse, sie ist nicht Teil der Klasse, sie muss an die ArbeiterInnen-Klasse heran. Die Ausnahme ist die Gesundheitsbranche bei der eine inhaltliche und betriebliche Verankerung deutlich wurde. Dieses Problem wird von der Führung ignoriert, im Referat nicht benannt und von den Delegierten nicht erkannt oder ebenfalls ignoriert. Das wurde auch inhaltlich deutlich. Die sozialen Probleme und Sorgen der Menschen, der ArbeiterInnen-Klasse (es wurde immer in der männlichen Form gesprochen), der Betriebsbelegschaften wurden als Bezugspunkte für die Politik der Partei betrachtet, nicht wirklich als Probleme. Wichtig ist, dass die Partei sich darstellt; Symbolpolitik statt politischem Inhalt.
Im Referat gibt es keine Aussagen zur Lage der Industriearbeiterschaft, zu Problemen und sozialen Auswirkungen des Umbaus der Autoindustrie. Der Diskussionsbeitrag von Isa Paape war der einzige aus der materiellen Produktion. Es war auch der einzige Beitrag, der sich mit der anhaltenden Veränderung der Produktion und Arbeitsbedingungen und dem konkreten Bewusstsein in Belegschaften beschäftigte. Die soziale und gewerkschaftliche Zusammensetzung des neuen PV spiegelt dies wieder; niemand ist in der materiellen Produktion tätig.

Das Problem der Produktivkraftentwicklung, eher in der China-Debatte angesprochen, wird inhaltlich auf die Produktionsmittel reduziert und nicht verstanden. Die Klima- und Ökologie-Problematik fehlte im Referat, fehlte im Antr.HBF, auch in der Fassung der Antrags Kommission. Ein kleiner Abschnitt wurde dann aufgenommen. Die Notwendigkeit wegen der Klima- und Ökologie-Problematik, eine gravierende Transformation der Produktivkräfte einschließlich unserer Lebensweise durchzuführen, wird nicht erkannt (?), bewusst ignoriert (?), als bürgerliche Menschheitsfrage diffamiert. In einem Diskussionsbeitrag in der allgemeinen Debatte wurde die Hinwendung zur Ökologie- und Klima-Politik gefordert, nicht wegen des Problems, sondern weil die Bewegung fragwürdige Standpunkte und Forderungen vertrete.

Die „Marxistischen Blätter" wurden gewürdigt; deren Beiträge zur Problematik der Transformation, wie z.B. MB 5/2021 Kapitalismus im Umbruch, sind inhaltlich nicht erkennbar.
Die Partei Die Linke ist weiterhin Hauptadressat von Kritik. Die Aussagen von Transatlantikern werden verallgemeinert, deren Zurückweisung in der PdL wird ignoriert und Differenzierung findet wie gewohnt nicht statt. Kritik an der russischen Aggression und der Politik der KP Chinas aus der PdL stellt diese mit der NATO-Politik auf eine Stufe.
Problematisch sind weiterhin die inhaltliche Wertung und die Orientierung auf rechtsorientierte Kräfte in Bewegungen. Die Bagatellisierung demokratiefeindlichen und rechtsorientierten Bewusstseins, wie es u.a. bei den „Corona-Demos" deutlich wurde, wird nicht in Frage gestellt. Es wird stattdessen davor gewarnt, diese „als Rechte abzustempeln". Unter dem Stichwort „neuer, uns ggf. unbekannter Kräfte" zitierte Patrik aus der 2. PV-Tagung u.a.: „Wir müssen bei der Einordnung ebenfalls beachten, dass auch Teile der antifaschistischen Bewegung dazu neigen, Aktionen und die daran Beteiligten zu schnell als Rechte abzustempeln. Damit läuft man dann eher Gefahr, Menschen den Rechtskräften tatsächlich in die Arme zu treiben."
Dementsprechend wurde in der allg. Diskussion „Querfront" nicht inhaltlich sondern als formal vereinbartes Bündnis definiert. Da es das nicht gibt, gibt es auch keine Querfront. Zugleich wurde der VVN-BdA in Beiträgen u.a. in der „Antifa-Rundschau" Antikommunismus unterstellt.

Vertieft wurde diese Orientierung von Wera Richter in ihrem Einführungsbeitrag zum „Erfahrungsaustausch Friedens- und sozialer Kampf, Bündnispolitik". Meine Notiz: „Friedensdemos im Osten, die sich aus den Corona-Protesten entwickelt haben, werden als Querfront diskreditiert". Auch hier keine differenzierte Betrachtung des Bewusstseins. Die AfD sei keine faschistische Partei, obwohl es derartige Tendenzen gäbe.
Im Referat wird im Wesentlichen festgehalten an der bekannten eindimensionalen Betrachtung der globalen Situation. Im Zusammenhang mit Betrachtungen über „die Verschärfung der allgemeinen Krise des Kapitalismus" und der „möglichen Herausbildung einer multilateralen bzw. -polaren Weltordnung handelt es „sich bei der Russischen Föderation um einen Kapitalismus, der durch die führenden Imperialisten in manchen Bereichen zu Antiimperialismus gedrängt wird." Die ist eine kleine Veränderung der ursprünglichen Position, nach der „Russland eine objektiv antiimperialistische Außenpolitik betreibe." Die VR China wird im Referat und im China-Beschluss unkritisch „als eine antiimperialistische Kraft" dargestellt. In der allg. Disk. wird die „VR China als Motor der antiimperialistischen Abwehrfront" bezeichnet. Ebenso betreibe der Iran „oft eine antiimperialistische Außenpolitik", der „nach innen ein klerikales, oft reaktionäres Regime hat." Offensichtlich sind Länder, die sich gegen die USA u.a. imperialistische Länder wehren, durch ihren Widerstand „antiimperialistisch". Keine Rolle spielen politisch-ökonomische Hintergründe und die innere Verfasstheit dieser Länder.
Zur Arbeiter- und Gewerkschaftsbewegung heißt es, die innergewerkschaftliche Debatte entspreche „weder dem Kriegskurs noch der Dramatik der sozialen Angriffe." So richtig diese allgemeine Kritik ist, es wird auch hier nicht differenziert, sondern lediglich pauschalisiert. Die Lage der ArbeiterInnenklasse wird reduziert auf den Armutsbericht des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes und die gravierenden Preissteigerungen. Keine Äußerung zum Problem Zukunft der Arbeit. Mit dem Halbsatz zu der „unsäglichen Aussage von Kollegin Fahimi" und dass es „unsere Aufgabe sei, diese Ruhe zu beenden", ist das Thema beendet.
Bemerkenswert ist eine leichte Veränderung in der Bündnis-Taktik im Kampf um Frieden und Abrüstung. Danach könnte ein möglicher inhaltlicher Konsens zum Russland-Ukraine-Krieg sein: „Es geht um Stopp der Waffenlieferungen und Stopp der Hochrüstung und es geht um Verhandlungen jetzt, damit die Waffen schweigen können, für eine Friedensordnung, die die Sicherheitsinteressen aller Seiten berücksichtigt. Das ist nicht identisch mit dem, was wir als Partei fordern, ..." Ich würde nicht von Veränderung in der Bündnis-Politik sprechen. Zu der Änderung dürften die politische Praxis der Partei und Druck auf die Führung beigetragen haben. „Wir sollten im Bündnis weder die Beurteilung des russischen Angriffs, noch die Beurteilung des jetzigen Wesens des Krieges zur Bedingung der Zusammenarbeit machen, allerdings sollte man das umgekehrt von uns auch nicht verlangen. Hier ist es aktuell nicht einfach und hat uns mancherorts auch im Hinblick auf die Ostermärsche zu einer differenzierten Herangehensweise gezwungen."
Die Diskussions-Beiträge in den drei Komplexen waren überwiegend Berichte über Aktivitäten der Partei. Einige waren zu Bündnisaktionen, bei denen die Rolle der Partei dargestellt wurde und aus dem Gesundheitswesen über betriebliche und gewerkschaftliche Aktivitäten. Viele Beiträge waren von relativ jungen GenossInnen mit Ersterfahrungen bei betrieblichen, gewerkschaftlichen Kämpfen. Viele Beiträge bezogen sich auf Solidaritätsaktionen mit Belegschaften. Nur einige wenige kamen von GenossInnen als Belegschaftsmitglieder, die auch ein differenziertes Bild der Stimmung und des Bewusstseins darstellten.
Die Gewerkschaften, die Friedensbewegung, Bündnisse werden nicht als Subjekte der Veränderung, von Bewegungen im Kampf gegen Preissteigerungen, Rüstungspolitik, Rechtsentwicklung gesehen; sie sind Objekte in denen die DKP ihre Politik einbringt, um die Richtung zu zeigen.

Der umfangreiche Beschluss „Heizung, Brot, Frieden" dürfte in der Politik und Praxis der Partei nur in wenigen Grundeinheiten eine Rolle spielen. Dazu ist er inhaltlich zu kompliziert und als Handlungsorientierung ungeeignet. Deshalb (?) wurde der PV beauftragt ein Sofort-Forderungs-Programm zu erarbeiten.
Der China-Antrag wurde mit vielen Änderungen als Zwischenstand der Diskussion beschlossen und der PV beauftragt die Fortsetzung der Disk. zu organisieren. Es wurde angekündigt, noch in diesem Jahr eine theoret. Konferenz (oder so) durchzuführen. In der begrenzten Aussprache und der Antragsdebatte gab es mehrere Beiträge und Anträge zum Wesen des Sozialismus allgemein. Es wurde die Sorge geäußert, die Legitimierung des chinesischen Weges zum Sozialismus bedeute eine Abkehr von unserer programmatischen Orientierung. Für andere entspricht der chinesische Weg und seine Definition im Antrag nicht den marxistischen Kriterien. In der Debatte haben Patrik und andere der Führung immer wieder betont, die Aussagen zu Kriterien des sozialistischen Aufbaus würden sich auf den chinesischen Weg beziehen und es gäbe keine Veränderung unserer Programmatik.

Im Live-Ticker heißt es zum Schlusswort: „Insbesondere angesichts der laufenden Arbeitskämpfe komme es nun darauf an: Rein in die Gewerkschaften und dort die Debatte führen. Gewerkschaften seien kein beliebiger Bündnispartner, sondern Schulen des Klassenkampfes ..." Worum die Debatte führen? Heizung, Brot und Frieden mit Russland und China - das ist zu kurz gedacht.

Wirtschaftskrieg und Inflation: Wer sind die Gewinner, und wer die Verlierer?

Marxistischen Abendschule Elmshorn am 1. 3. 2023

Putin beginnt einen Krieg und der Westen antwortet mit einem Wirtschaftskrieg, der Russland "ruinieren" soll, so Bundesaußenministerin Baerbock. Ein Importstopp für Energie aus Russland wird inszeniert. Es entsteht eine Inflation, die in nie dagewesener Geschwindigkeit auf eine nie dagewesene Höhe springt. Eine Umverteilung phantastischen Ausmaßes bahnt sich an. Die Abermilliarden zur Finanzierung des Wirtschaftskrieges sitzen locker. Das Ziel, Putins Angriff durch die Ruinierung seines Landes zu stoppen, wird dennoch nicht erreicht.

Und alles, was mal mit Klimaschutz war, das rangiert unter ferner liefen, völlig sekundär.

Wir wollen fragen:

Inwiefern sind die Armen bei dieser Inflation viel stärker und vielfältiger betroffen als die Einkommensstarken? Wo stecken eigentlich die Krisen- und Inflationsgewinner? Und vor allem der Erdgas-Wirtschaftskrieg: Wohin entwickelt er sich: finanziell – klimamäßig – im neuen Kalten Krieg?

Die aktuellen ökonomischen Entwicklungen und politischen Zuspitzungen stellen immer mehr Menschen vor große Herausforderungen und führen zu existenziellen Bedrohungen für große Teile der Bevölkerung.
Der Ökonom Franz Garnreiter vom Institut für sozial-ökologische Wirtschaftsforschung München wird mit uns über die Preissteigerungen, ihre Ursachen und Bedingungen sprechen und hinterfragen, was auf die Bevölkerung noch zukommen kann. Weiterhin wird er Alternativen vorschlagen.

Die Veranstaltung wird am 01.03. um 19 Uhr im Reinhold-Jürgensen-Zentrum, Jahnstraße 2A in Elmshorn stattfinden.
Nach einer Einführung durch den Referenten wird es die Möglichkeit geben, in gemütlicher Runde über das Thema zu diskutieren. Der Eintritt ist frei, es wird zudem Kekse und Getränke geben.

Nachruf zum Tode von Christel Wegner

Christel ist aus vielen Gründen ein „kommunistisches Urgestein“ gewesen. Sie wurde am 16. November 1947 in einer Hamburger Familie geboren, die kommunistisch orientiert war, die politischen Herausforderungen ihrer Zeit annahm und für eine bessere Zukunft stritt. Das blieb prägend für Christel. Sie lernte Krankenschwester und wurde in ihrem Arbeitsleben Pflegedienstleiterin in Buchholz in der Nordheide.

Gewerkschaftspolitisch hatte sie durch ihre kämpferische, zupackende Art schnell das Vertrauen ihrer Kolleginnen und Kollegen gewonnen und wurde Personalratsvorsitzende und Funktionsträgerin bei ver.di.

Als junge Kommunistin engagierte sie sich für Jugendrechte, für Frieden und für sozialistische Ziele. Sie wurde Mitglied der illegalen KPD und warb offen für eine gerechtere Zukunft und eine sozialistische Gesellschaft. Das Engagement erforderte Mut und Stehvermögen. Beides gehörte zu ihrem Leben.

Als sie ihren Mann Klaus, einen kommunistischen Hafenarbeiter, heiratete und der Sohn Sascha geboren wurde, ging der Kampf auch durch die Familienbande gestärkt weiter, und immer in der ersten Reihe und mit offenem Visier. Sie war ein prägendes Gesicht bei vielen Aktionen, in manchen Bündnissen und Bewegungen.

Eine besondere Herausforderung kam 2008 auf sie zu. Die DKP bemühte sich um gemeinsame Wahlbeteiligungen mit der PDS zu Bundes-, Landtags- und Kommunalwahlen. Das Ziel war die Bündelung linker Kräfte für gemeinsames Vorgehen, um den Einfluss antikapitalistischer linker Politik zu stärken. Das gelang in vielen Bundesländern nicht, auch wegen politischer Vorbehalte von Funktionsträgern der PDS aus der Führungsebene dieser Partei.

In Niedersachsen hatten durch die kluge Führungsarbeit des Bezirksvorstandes der DKP unter Detlef Fricke die Bemühungen Erfolg. Der damalige Landesvorsitzende der PDS Dieter Dehm unterstützte gegen den Widerstand anderer in der PDS den Vorschlag, Christel als Kandidatin aufzustellen. Christel wurde in den Landtag gewählt (2008 – 2013). Sie blieb das einzige DKP - Mitglied in einem Landtag der BRD. Das war sofort eine Herausforderung für die versammelte antikommunistische Kohorte. Anja Reschke, Redakteurin des NDR übernahm die Rolle der Provokateurin. Statt eines angekündigten inhaltlichen Interviews wurde Christel mit denunziatorischen Provokationen überfallen. Selektive Äußerungen, die aus dem Zusammenhang gerissen veröffentlicht wurden, erreichten ihren Zweck.

Christel wurde aus der Fraktion der PDS ausgeschlossen, blieb aber Abgeordnete des Landtages und sorgte dort im Rahmen der bescheidenen Möglichkeiten für nötige Unruhe. Sie wurde in der Öffentlichkeit weiterhin als unbeugsame Streiterin wahrgenommen und verdiente sich Anerkennung und Respekt. Die DKP hatte nun auch ein parlamentarisches Gesicht auf einer Ebene eines Bundeslandes, ähnlich wie in dutzenden Kommunen.

Dieser Abschnitt in Christels Leben und der DKP war außerordentlich verdienstvoll und zugleich lehrreich. Er bleibt in unserer Geschichte für immer ein wichtiger Aspekt im Wirken kommunistischer Politik.

Wir verneigen uns vor Christel!

Heinz Stehr, Netzwerk Kommunistische Politik

Diskussionsbeitrag zum Ukrainekrieg auf dem DKP-Parteitag online am 22.05.22

von Thomas Hagenhofer, Bezirksvorsitzender der DKP Saarland

(Die erste Seite des Beitrags wurde aus Zeitgründen nicht vorgetragen.)

Liebe Genossinnen und Genossen,

angesichts der dramatischen politischen Veränderungen lohnt sich ein Blick in unser Parteiprogramm.

Dort steht: „Zugleich entfalten sich die Rivalitäten zwischen den imperialistischen Metropolen und Blöcken. Allerdings wird der mit der Ungleichmäßigkeit der Entwicklung im Imperialismus zusammenhängende Kampf um die Neuaufteilung der Welt und der Einflusssphären heute in erster Linie mit ökonomischen und politischen Waffen oder mit „Stellvertreterkriegen“ ausgetragen, die von anderen Ländern gegeneinander bzw. in Bürgerkriegen ausgefochten werden.

Hochrüstung, Rüstungsexport und das Schüren von Spannungen und Konflikten in verschiedenen Regionen steigern die atomare Bedrohung und die Gefahr eines für die ganze Menschheit verheerenden Krieges.

Das schließt nicht aus, dass in der weiteren Perspektive mit der Veränderung der ökonomischen und militärischen Kräfteverhältnisse und – mit der Zuspitzung des Kampfes um die immer begrenzter werdenden Rohstoffquellen und um Vorherrschaft in der Welt – auch die Gefahr kriegerischer Auseinandersetzungen zwischen imperialistischen Metropolen wieder akut werden kann.

Krise, Militarisierung und Krieg sind prägende Bestandteile der kapitalistischen Globalisierung. Es geht um sicheren Zugriff auf die Schlüssel-Ressourcen, um die Absicherung der Herrschaft des Monopolkapitals weltweit. Widerstand gegen Unterdrückung und Armut soll mit militärischer Gewalt in Schach gehalten werden.“

(…)

„Die DKP kämpft in und mit der Friedensbewegung für eine Welt, in der die internationalen Beziehungen auf dem Prinzip der Gleichberechtigung, der Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten, auf nationaler Souveränität und der territorialen Integrität aller Staaten beruhen. Sie tritt dafür ein, die UNO und das Völkerrecht zu stärken. Für dieses Ziel ist es notwendig, die UNO zu demokratisieren. Jede imperialistische Hegemonial-, Gewalt- und Interventionspolitik muss geächtet werden.“

(…)

Der DKP geht es um die kritische Überprüfung ihrer Geschichte, um Denkweisen und Strukturen zu überwinden, die dem humanistischen Anspruch unserer Idee und Weltanschauung widersprechen.

Es geht uns um die Schlussfolgerungen, wie heute eine kommunistische Partei aussehen muss, die den revolutionären Kampf führt und mit der Arbeiterklasse und allen dazu bereiten Bündnispartnern eine neue Gesellschaft aufbauen will.“

Liebe Genossinnen und Genossen,

es ist furchtbar, dass diese Positionen in den letzten Jahren in dieser Partei kaum noch in Politik umgesetzt werden. Es gibt in der DKP keinen hier immer wieder behaupteten Konsens zum Ukrainekrieg. Die Positionierung des Parteivorstands der DKP stellt eine neue Qualität im politischen Niedergang der Partei dar. Er kommt aber nicht unerwartet. Schon seit vielen Jahren werden in zahlreichen Dokumenten illusionäre Vorstellungen von einer „objektiv antiimperialistischen Außenpolitik“ Russlands verbreitet und der Friedenbewegung empfohlen, sich an die Seite der russischen Führung zu stellen. Mit dem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg ist dieses politische Kartenhaus endgültig zusammengebrochen. Die von vielen kritisierte schematische Trennung einer fortschrittlichen russischen Außenpolitik und einer reaktionär-nationalistischen im Inneren ist spätestens am 24.02.2022 implodiert.

Seit nunmehr knapp drei Monaten hatte der Parteivorstand die Chance, diese realitätsferne Einschätzung der russischen Führung und ihrer Handlungsweisen zu revidieren. Doch wer glaubte, es könne nicht schlimmer kommen, sieht sich eines Besseren belehrt.Die DKP hat mit dieser Position bei den Kommunistischen Parteien Europas ein Alleinstellungsmerkmal. Nahezu alle Kommunistischen Parteien in Europa verurteilen die Aggression Russlands und sehen in Russland eine imperialistische Macht, auch die KP der USA. Es ist Ausdruck der politischen Hilflosigkeit, dass uz und Parteivorstand dies der Mitgliedschaft verschweigen.

Der Parteivorsitzende, die uz und der vorliegende Initiativantrag unternehmen stattdessen fortwährend den Versuch, diesen Krieg zu rechtfertigen. Sie machen plumpe Antipropaganda gegen die derzeitige Medienhetze. Ohne Beweise wird intendiert, die russische Führung habe diesen Krieg beginnen müssen, sei ihr aufgezwungen worden. Dabei ähneln die Argumentationslinien der russischen Regierung immer stärker den Kriegsbefürwortern im Westen. Die USA mussten in den 70er Jahren vietnamesische Dörfer dem Erdboden gleichmachen, um sie vom Kommunismus zu befreien. Genau diese menschenverachtende Argumentation liefert gerade die russische Seite in diesem andauernden Krieg, den beide Seiten auf Kosten von Leben, Gesundheit und Besitz der Menschen in der Ukraine gewinnen wollen. Und natürlich wird behauptet, die „chirurgischen Angriffe“ schonten Menschenleben, wir kennen die Lügen aus dem Irak und anderen Kriege des Westens.

Es ist leicht zu erkennen: Putin ist ein gelehriger Schüler westlicher Politik der letzten 25 Jahre. Und natürlich ist wahr, dass es die Politik der NATO-Staaten am Ende des vergangenen Jahrhunderts war, die ein System gemeinsamer Sicherheit verhindert hat, dass die NATO-Osterweiterung die Sicherheitsinteressen Russlands massiv verletzt. Dies rechtfertigt aber in keiner Weise einen Angriffskrieg mit dem Potential der Eskalation bis hin zu einer atomaren Auseinandersetzung, die insbesondere von russischer Seite immer öfter leichtfertig ins Spiel gebracht wird.

In keinem Dokument der DKP-Führung wird der Fakt benannt, dass die russische Führung die staatliche Souveränität der Ukraine infrage stellt. Allein dieser Fakt widerlegt die Sichtweise eines Verteidigungskriegs. Nein, Russland will seine Rolle als Großmacht in Europa durch Annexion von Gebieten seiner westlichen Nachbarn festigen. Es spielt damit auf regionaler Ebene eine ähnlich aggressive Rolle wie die USA global gesehen. Hier gibt es kein besser oder schlechter – für eine Kommunistische Partei kann es hier nur maximale Distanz zu beiden kriegstreibenden Akteuren der aktuellen Auseinandersetzung geben. Wann wird in unserer Partei endlich begriffen, dass ein reaktionäres Regime niemals unsere Unterstützung oder Schonung finden darf – auch wenn es sich in Feindschaft zur NATO positioniert? Die Ziele der russischen Führung werden durch die Aggressivität des Westens historisch erklärbar – sie verdienen dennoch unsere tiefe Verachtung.

Die Parteiführung verbiegt in ihrer Einschätzung in infamer Weise das Völkerrecht wie es in der Erklärung der UNO verbindlich ist. Sie beraubt die Bundes-DKP damit jeder Glaubwürdigkeit und Wirksamkeit in der aktuellen Auseinandersetzung für Frieden und gegen Hochrüstung. Wer den russischen Angriffskrieg rechtfertigt, verabschiedet sich von den Standards der Friedensbewegung. Er legitimiert imperiale Kriege und stellt sich damit objektiv an die Seite von AfD und Teilen der Querdenker-Bewegung. Das ist eine zutiefst inhumane und keine kommunistische Politik. Die heutige Situation ist eben nicht mit dem Zweiten sondern viel eher mit dem Ersten Weltkrieg vergleichbar. Eine Parteinahme für eine Seite verbietet sich für internationalistische marxistische Kräfte. Und dies ist eben kein Gegensatz sondern erst die Voraussetzung für einen glaubwürdigen Kampf gegen die Kriegstreiber im eigenen Land.

Deshalb: Lehnen wir hier und heute den Initiativantrag des Parteivorstandes ab. Kehren wir zurück zu einer antiimperialistischen Friedenspolitik ohne blinde Flecken. Beenden wir endlich die Schönfärberei der aktuellen nationalistischen revanchistischen Politik der russischen Regierung. Positionieren wir uns eindeutig auf Seiten der Friedenskräfte und des Völkerrechts anstatt die DKP endgültig in Spaltung und den politischen Untergang zu treiben. Wir KommunistInnen im Saarland werden uns diesem Untergang nicht anschließen.

Peter Wahl: Der Ukraine-Krieg und seine geopolitischen Hintergründe

Peter Wahl schrieb Mitte März 22 diesen Beitrag für die Attac-AG Globalisierung & Krieg. Sein Ziel ist es, Hintergründe und Zusammenhänge in den Blick zu nehmen, Ursachen zu analysieren, das Einzelne in seinen strukturellen und historischen Kontext des Ganzen zu stellen. Dieser methodische Ansatz entspricht dem Verfahren, das emanzipatorische Gesellschaftsanalyse schon immer verfolgt.

Zum Beitrag

Zur dazugehörigen Präsentation

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Redebeitrag von Uwe Fritsch zum Ukraine-Krieg auf der 10. PV-Tagung der DKP

Gehalten auf der Parteivorstandstagung am 9./10.04.22. Es gilt das gesprochene Wort.

Bei meinem ersten Ostermarsch 1962 von Braunschweig über Pein nach Hannover ist mir das erste mal diese Losung begegnet:

„Frieden ist nicht alles – aber ohne Frieden ist alles nichts!“

diese Aussage begleitete mich über viele Jahre bei den Ostermärschen der 1960`er und 70`er,
bei den Vietnam-Demos,
danach auf den Friedensdemonstrationen gegen den Nato-Doppelbeschluss,
gegen den Krieg in Jugoslawien, gegen die Irak-Kriege;
eigentlich auf allen Friedensaktivitäten!
Wir,
die DKP ist seit ihrer Konstituierung die konsequenteste „Anti-Kriegs-Partei“!
Für uns ist Krieg kein Mittel oder gar Ersatz politischer Auseinandersetzungen!
Das ist ein wesentlicher Eckpfeiler unserer Existenz als kommunistische Partei. Dieser Grundsatz darf nicht zur Disposition gestellt
oder beliebig ausgelegt werden!
Wir haben in unserem Parteiprogramm schon 2006 auf die sich verschärfenden Gegensätze der unterschiedlichen Monopolgruppen hingewiesen.
Ich zitiere:

„Die ökonomischen Entwicklungen in der heutigen Phase des Monopolkapitalismus vollziehen sich im Widerstreit der Interessen,
in sich verschärfender Konkurrenz,
in Konflikten zwischen den Transnationalen Konzernen,
zwischen diesen und nationalem Monopolkapital,
zwischen Monopolkapital und nichtmonopolistischem Kapital.
Dabei mobilisieren die Konzerne und Kapitalgruppen aufgrund ihrer Herkunft und ökonomischen Verankerung außerökonomische Mittel.
Eine besondere Rolle spielen dabei Staaten und supranationale Institutionen.“

Zitat Ende.

Deshalb handelt es sich meiner Meinung nach im Kern
und dem Wesen nach um einen imperialistischen Krieg
zwischen zwei monopolkapitalistischen Gruppen.
Auch das russische Monopolkapital bedient sich des russischen Staates um seine Interessen durch zu setzen.
Wir sagen weiter in unserem Programm, ich zitiere noch einmal:

„Zugleich entfalten sich die Rivalitäten zwischen den imperialistischen Metropolen und Blöcken.
Allerdings wird der mit der Ungleichmäßigkeit der Entwicklung im Imperialismus zusammenhängende Kampf um die Neuaufteilung der Welt und der Einflusssphären
heute in erster Linie mit ökonomischen und politischen Waffen
oder mit „Stellvertreterkriegen“ ausgetragen,
die von anderen Ländern gegeneinander bzw. in Bürgerkriegen ausgefochten werden.
Hochrüstung, Rüstungsexport und das Schüren von Spannungen und Konflikten in verschiedenen Regionen steigern die atomare Bedrohung und die Gefahr eines für die ganze Menschheit verheerenden Krieges.
Das schließt nicht aus,
dass in der weiteren Perspektive mit der Veränderung der ökonomischen und militärischen Kräfteverhältnisse und
– mit der Zuspitzung des Kampfes um die immer begrenzter werdenden Rohstoffquellen und um Vorherrschaft in der Welt –
auch die Gefahr kriegerischer Auseinandersetzungen zwischen imperialistischen Metropolen wieder akut werden kann.“

Zitat Ende
Das zeigt einmal mehr,
wie aktuell unser Parteiprogramm ist
und die kapitalistischen Ursachen der heutigen internationalen Lage beschreibt.
Unser Verständnis von kommunistischer Politik ist es,
dass es eben keine „Zwangsläufigkeit“ ist,
dass Russlands aufgrund der Entwicklung der letzten Jahre
und der Aggressivität der NATO-Staaten, einen Angriffskrieg führt.
Es gab und es gibt immer Alternativen, sie wurden nicht gegangen.
Der Angriff ist eben kein verhältnismäßiges Mittel zur Reduzierung der Bedrohung durch die NATO-Staaten.
Er erhöht die Weltkriegsgefahr im Allgemeinen und die eines Atomkrieges im Besonderen.
Für uns ist auch das Völkerrecht nicht beliebig!
Selbst wenn die USA 100 fach und mehr das Völkerrecht mit „Füßen getreten haben“,
bleibt dieser Krieg Russlands gegen die Ukraine ein Bruch des Völkerrechts.
?
Wenn unsere Erkenntnisse so sind,
was ergibt sich daraus für unser politisches Handeln und unser Eingreifen in der aktuellen Situation?
Die Aussage,
dass dieser Krieg eine Niederlage der Friedensbewegung ist,
teile ich nicht.
Diese Analyse ist verkürzt.
Sie lässt den Schluss zu,
dass am Ende die Schwäche der Friedensbewegung Mitschuld an diesem Krieg hätte.
Sie vermittelt den Eindruck,
es hätte in den letzten 20 Jahren eine reale Chance zur Verhinderung der Osterweiterung der Nato durch die internationale Friedensbewegung gegeben.
Diese Einschätzung des realen internationale Kräfteverhältnisses,
der politischen Möglichkeiten und der ökonomischen Entwicklungen halte ich für falsch.
Gleichzeitig wird dabei nicht beachtet,
dass es uns mit und in der Friedensbewegung gelungen ist,
trotz bescheidener Kräfte,
das Thema „Frieden und Abrüstung“ in unserer Bevölkerung wach zu halten.
• Bis zum Kriegsbeginn ist es der herrschenden Politik nicht gelungen eine Mehrheit der Bevölkerung vom „2%-Ziel“,
der dauerhaften Erhöhung des Militärausgaben auf 2% des Bruttoinlandsproduktes zu überzeugen.
• Bis zum Kriegsbeginn war das Thema „atomare Teilhabe der Bundeswehr“ in der Bevölkerung nicht Mehrheitsfähig.
• Bis zum Kriegsbeginn wäre ein „100-Milliarden-Rüstungsprogramm“ nicht denkbar und schon gar nicht durchsetzbar gewesen.
• Bis zum Kriegsbeginn war die Debatte in der IG-Metall geprägt vom Gewerkschaftstagbeschluss in Nürnberg – „keine Waffenexporte!“
Mit dem Krieg hat sich das dramatisch geändert.
Aus meiner Sicht ergibt sich daraus aktuell die Notwendigkeit
Sofortmaßnahmen zu fordern,
auf wenige der wichtigsten Forderungen zu orientieren,
auf die größtmögliche Gemeinsamkeit zur Friedenssicherung zu setzen!
Erst einmal aktuell das Trennende beiseite,
erst einmal die Unterschiede in der Analyse der Entstehung beiseite,
dafür ist historisch immer noch Zeit.

Streiten wir gemeinsam:
„für den sofortiger Stopp aller Kriegshandlungen!“
„für Friedensverhandlungen unter Leitung der UNO und der OSZE!“
„für Überwachung des Waffenstillstandes durch Blauhelmeinsatz unter Einbeziehung solcher Staaten wie China, Cuba und Vietnam!“
„für eine Atomwaffenfreie Zone in ganz Europa - vom Atlantik bis zum Ural!“

Organisieren wir auf breitester Basis mit den Gewerkschaften Widerstand:

„gegen das 100 Milliarden Hochrüstungsprogramm“
„gegen das 2% Ziel für die jährlichen Rüstungsausgaben“
„gegen den Kauf von Atombombern“

Die Chancen dazu sind gegeben.
Der unter anderen von Wissenschaftler*innen, Künstler*innen, und Gewerkschafter*innen initiierte „Der Appell“ ist ein Anknüpfungspunkt für uns.
Für mich steht dieser Appell in der Traditionslinie des „Krefelder Appells“.
Auch damals musste ein Minimalkonsens gefunden werden,
um den breitesten Widerstand zu organisieren.
Wir stimmen nicht mit allem überein.
Wir haben ja auch in unserer Partei die unterschiedlichsten Einschätzungen zur aktuellen Situation und wie sie entstanden ist.
Mich beeindruckt die Breite dieser Initiative, die Schnelligkeit ihrer Verbreitung und ihres Wachstums.
Aus der Region Braunschweig sind alle Bevollmächtigten der IG-Metall Unterstützer*innen, Betriebsratsvorsitzende aus der Stahlindustrie und dem VW-Konzern,
Unterzeichner*innen sind Verd.Di Funktionär*innen, NaturFreunde, VVN, DfgVK, Grüne Jugend, SPD, Künstler, Professoren und mehr als 45.200 Einzelpersönlichkeiten.

Ich verstehe das auch als Möglichkeit nach dem Ende des Krieges das Thema „Abrüstung“ mit neuem Schwung zu beleben.
Unterstützen wir den Versuch aus aktuellem Anlass die fortschrittlichen Teile von Arbeiter- und Friedensbewegung zusammen zu bringen.
Unterstützen wir solche gewerkschaftlichen Persönlichkeiten
wie Frank Wernecke (artikel in der Zeitschrift „publik“) und Hans-Jürgen Urban (FAZ-Interview), die sich ganz bewusst gegen die Hochrüstung und gegen die Kriegshysterie stellen.
Wir Kommunistinnen und Kommunisten sollten den Appell unterstützen,
dafür werben und ihn in den Mittelpunkt unserer Aktivitäten rund um die Ostermärsche stellen.
Das ist zumindest mein Verständnis von Bündnispolitik,
auch über aktuell unterschiedliche Einschätzungen hinweg,
die dringendsten Fragen gemeinsam angehen,
alle Kräfte bündeln im Kampf gegen Krieg,
Hochrüstung und atomare Bedrohung.
Ganz im Sinne von:

„Frieden ist nicht alles – aber ohne Frieden ist alles nichts!“

Erklärung des Netzwerks Kommunistische Politik zum Ukraine-Krieg

Die DKP bleibt eine Partei des Friedens und der Abrüstung!

Wir fordern die Parteiführung und den Parteitag auf, den bisherigen Charakter der DKP als Partei des Friedens und der Abrüstung zu bestätigen. In der aktuellen Situation verlangt dieser Anspruch die Forderung der DKP zu sofortiger Beendigung des völkerrechtswidrigen Krieges Russlands gegen die Ukraine und seine Verurteilung.

Alle Konflikte zwischen Russland und der Ukraine sind unter dem Dach der UNO bzw. der OSZE zu diskutieren, um Lösungen zu erarbeiten.

Die DKP unterstützt die Forderungen zu einem sofortigen Waffenstillstand ohneVorbedingungen, wie sie auch in Aufrufen u.a. von Kommunistinnen und Kommunisten Russlands erhoben wurden.

Die Erklärungen des Sekretariats des Parteivorstandes weisen wir aus folgenden Gründen zurück:

  • Sie sind ein Bruch mit Programmatik und Politik der DKP.
  • Sie vermitteln ein falsches Bild der reaktionären Machtstrukturen des oligarchisch geprägten Russland.
  • Dieser Krieg muss ohne Wenn und Aber verurteilt werden! 
  • Diese Erklärung isoliert die DKP in der Friedensbewegung, den DGB- Gewerkschaften, der Umwelt- Solidaritäts- und Antifa-Bewegung.
  • Die Erklärung ist eine erneute Zerreißprobe für eine zahlenmäßig sehr schwache DKP, die in Gefahr ist, ihre Politikfähigkeit zu verlieren und gewachsenes Vertrauen von bisherigen Bündnispartnern zu zerstören.
  • Die Erklärung isoliert uns ebenfalls von kommunistischen Parteien in Europa und weltweit.

Eine aggressive Nato – Osterweiterung, eine imperialistische Hegemoniepolitik der Nato, eine Politik der Provokation  durch die USA und die  EU mit dem Ziel, neue Aufrüstung durchzusetzen und aktuell im Blick auf Deutschland die Bundeswehr kriegsfähig zu machen, ist ursächlich mit verantwortlich für den Krieg,rechtfertigt ihn aber nicht. So wird der Krieg genutzt zu einer Weichenstellung in der Weltpolitik hin zu neuen Kriegsgefahren, z.B. zur Konfrontation mit der VR China.

Das Netzwerk kommunistische Politik wirbt für einen demokratischen Meinungsbildungsprozess in der DKP mit dem Ziel, die politische Glaubwürdigkeit der DKP zur Friedenspolitik wieder herzustellen.

Wir wenden uns gegen die vom Sekretariat geforderte Unterwerfung des Bezirks Saarland unter die Erklärung des Sekretariats.

Vor einer Positionsfindung zu einem so wichtigen politischen Problem ist eine demokratische Willensbildung unbedingt erforderlich. Artikel 3 des Statuts legt fest:

„ Wichtige politische Entscheidungen …, die von Vorständen  und Parteikonferenzen beschlossen werden, müssen das Ergebnis der Diskussion der Parteimitglieder sein.“

Hiergegen verstößt der Beschluss des Sekretariats.

Nutzen wir die Chance zur Diskussion mit dem Ziel, Positionen zu entwickeln, die es uns Kommunistinnen und Kommunisten ermöglichen, politisch zu agieren in einer sehr komplizierten Situation. Ob und wie uns das gelingt kann auch über die Zukunft der DKP mitentscheiden!

Detlef Fricke, Uwe Fritsch, Thomas Hagenhofer, Norbert Heckl, Werner Hensel, Volker Metzroth, Isa Paape, Axel Seiderer, Heinz Stehr

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