Anforderungen an den Internationalismus der DKP heute

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dkp pt20 heinz stehr 221313.05.2013: Es gibt keinen gesellschaftspolitischen Stillstand in der Welt. Die Herausforderungen im Kampf für die Zukunft der Menschheit in einer neuen Weltordnung im Sozialismus, der den Interessen der Menschen entspricht und mit dem kapitalistischen Profitprinzip gebrochen hat, wird neue Schubkraft erhalten. Das zu beachten, die örtlichen, regionalen und internationalen Herausforderungen als Einheit zu behandeln und entsprechend praktisch zu wirken, ist zwingend für Marxistinnen und Marxisten.

 

Das Programm der DKP, wie auch der Beschluss des 18. Parteitages zur internationalen Tätigkeit und die politische Resolution des 19. Parteitages, waren bisher eine breit getragene Position der DKP. Der innerparteiliche Wandel spiegelt sich heute in Positionsbeschreibungen auch zu diesem Thema wider. So die Erklärung  des PV vertreten durch sein Sekretariat zur Lage auf der Koreanischen Halbinsel (UZ Nr. 16). Die Behauptung, dass der Besitz von Massenvernichtungswaffen vor Angriffen schützt ist falsch, diese Waffen gefährden Menschen und Natur in ihrer Existenz. Die  Forderung nach einer atomwaffenfreien Zone auch auf der koreanischen Halbinsel bleibt richtig.

Aber auch die von der Parteitagsmehrheit geforderte veränderte Haltung der DKP zur EL halte ich für einen gravierenden politischen Fehler. Einige Genossinnen und Genossen fordern den Austritt der DKP, andere wollen eine kritische nicht eingreifende Begleitung der Europäischen Linken.
Generell widerspricht die bisherige Antragsberatung meiner Auffassung von innerparteilicher Demokratie. Ein vom Parteivorstand gestellter, in der Partei breit diskutierter Antrag, wird einen Tag vor Beginn des Parteitages durch einen „Abänderungsantrag“ umfassend verändert zur Diskussion und Beschlussfassung vorgelegt. Die von der Antragskommission auf der Grundlage gestellter Anträge überarbeitete Fassung, wird durch eine Mehrheitsentscheidung der Delegierten nicht behandelt. Bis heute ist der jetzt vorliegende Antrag in der Partei weitgehend nicht bekannt und daher nicht diskutiert

Zu einigen Herausforderungen heute

Die DKP hat zu ca. 115 Parteien in 91 Ländern sehr unterschiedlich entwickelte Kontakte und Beziehungen. Nach 1990 war es für die DKP wichtig, sich zu Fragen der EG / EU zu positionieren und dazu auch den Austausch mit kommunistischen Parteien aus diesen Ländern zu organisieren. Es begann mit jährlichen Veranstaltungen zum Thema „Der Maastrichter Vertrag und seine Folgen“.  Um das Jahr 2000 entwickelte die DKP den Vorschlag, eine europäische kommunistische Partei zu gründen, um den Herausforderungen in der EU eine marxistische Partei auf diesem Kontinent entgegenzusetzen. Die inhaltlichen Alternativen zur EU waren bis zur Forderung nach einer sozialistischen Perspektive für Europa entwickelt.

Die DKP arbeitete in der EAL (Europäische Antikapitalistische Liste) und in der 2004 gegründeten EL (Europäische Linke) mit. 2002 führte die DKP die internationale Konferenz zum Thema: „Kapitalistische Globalisierung- Alternativen- Gegenbewegungen- Rolle der Kommunistinnen und Kommunisten“ in Berlin durch. 33 Parteien aus 31 Ländern nahmen teil Die DKP beteiligte sich an der Gründung und Tätigkeit von Sozialforen in der BRD, in Europa und weltweit. Mit eigenen Veranstaltungen und durch die Mitarbeit von Genossinnen und Genossen gestalteten wir Programme mit und warben für den marxistisch kommunistischen Standpunkt.

Mit der 4-Parteien-Zusammenarbeit (NCPN Niederlande, KP Luxemburg, Partei der Arbeit Belgiens, DKP) entwickelten diese Parteien ein Konzept einer gleichberechtigten, solidarischen Zusammenarbeit, die das Prinzip der Übereinstimmung zur Grundlage von politischen und aktionsbezogenen Orientierungen hat. Vergleichbare Formen haben sich inzwischen auch in anderen Regionen Europas (z.B. Skandinavien) entwickelt.

Bi- und multilaterale Treffen auf Konferenzen, Parteitagen, zu historisch wichtigen Ereignissen und politisch aktuellen Themen fanden und finden permanent statt. Leider sind es oft Kostengründe, die manche Teilnahme verhindern.

In der jetzigen Entwicklungsphase linker, antikapitalistischer und kommunistischer internationaler Politik und Zusammenarbeit ist der Meinungsaustausch, die Debatte und die Orientierung auf Zusammenarbeit in jenen Feldern, auf denen es Übereinstimmung gibt, prägend. Die linken und auch die kommunistischen Parteien und Strukturen sind politisch, ideologisch und auch organisatorisch oft sehr unterschiedlich. Diese Vielfalt ist Realität. Die griechische KKE will einen kommunistischen Pol zur Zusammenarbeit international vernetzter KPen schaffen. Falls alle kommunistischen Parteien dort mitarbeiten sollen, werden ähnliche Positionen wie auch z.B.  in der EL vorhanden aufeinandertreffen. Oder ein Zentrum entscheidet welche Partei mitarbeiten darf, das wäre aus meiner Sicht kein Weg zur weiteren Organisierung internationaler Zusammenarbeit.

Es gibt  Gründe für unterschiedliche politische Positionierungen, die weiter diskutiert werden müssen. Einige sollen hier kurz erwähnt werden:

  • Die Niederlage des Sozialismus in Europa hat nach wie vor tiefe Auswirkungen.
  • Der neoliberale Kapitalismus verliert erst jetzt seine Bindekraft für die Mehrheit der Bevölkerungen in den hochentwickelten Ländern.
  • Gegensätze und Konfrontationen behindern den notwendigen Dialog und erschweren eine konstruktive Ausstrahlung linker, antikapitalistischer, sozialistischer und kommunistischer Politik.

Vorschnelles Festzurren neuer internationaler Strukturen, das Beenden der Debatte durch die Verkündung der einzigen „Wahrheit“  und öffentliche konfrontative Kämpfe gegeneinander werden diese Probleme nicht nur nicht lösen – dies wird die Linke isolieren und politikunfähig machen.
Die DKP sollte in dieser Zeit ihren bewährten Kurs fortsetzen: Förderung des Dialogs und der internationalen Zusammenarbeit, weitere Mitarbeit in der EL als beobachtende Partei. Ein Ziel muss es bleiben, neue Ausstrahlung auch durch Internationalismus zu entwickeln.

Defizite und Anregungen

Die Ausrichtung der Politik der DKP hat ihre Grundlage in der Analyse der politischen Verhältnisse.
Rolle und Bedeutung der internationalistischen Politik der DKP ergibt sich auch aus der Antwort auf die Fragen:

„Welche Perspektive hat die Internationalisierung der Produktionsverhältnisse, Produktions-bedingungen und Produktivkräfte? Wie bewerten wir die Fähigkeit dieser Kräfte, vor allem des transnationalen Großkapitals die Träger dieser  reaktionären neoliberalen imperialistischen Weltordnung sind, die aktuelle weltweite Krise zu bewältigen und was bedeutet das z. B.  für die Zukunft der EU? Wie ist es mit  revolutionären Strategie und zukünftigen Sozialismusvorstellungen möglichst neue, vor allem junge, Kräfte zu gewinnen?“

Der beste Ratgeber für wichtige erste Antworten ist und bleibt das Parteiprogramm und weitere Beschlüsse von Parteitagen zu diesem Thema. Wahr ist allerdings auch, dass  die kommunistische Bewegung Defizite in der vertiefenden Analyse, in der Organisierung notwendiger Debatten und in der Aktionsorientierung hat. Auch von unserer Partei fehlen Anregungen z.B. durch eine neue internationale Konferenz der DKP zu Zukunftsthemen. Die DKP kann eine konstruktive Debatte zur Weiterentwicklung der EL als politisches Projekt in EU – Europa und Europa leisten.
Inhalt von EL – Politik und Aktionsorientierung werden kaum wahrgenommen

Die DKP muss versuchen, bei Beachtung ihrer Kräfte und Möglichkeiten internationalistische Politik einer auch als Bestandteil kommunistischer Politik von der Gruppe bist zum Parteivorstand zu bearbeiten. Meiner Ansicht nach ist gerade für junge Menschen Internationalismus ein Zugang zu linker und kommunistischer Politik. Wir sind  gefordert, nationalistische, chauvinistische faschistische Provokationen zu bekämpfen. Diese große Herausforderung wird angesichts der weltweiten Krise noch weiter wachsen. Ausländerfeindlichkeit, Rassismus und Neofaschismus muss entgegengetreten werden. Die Probleme einer multikulturellen Gesellschaft, von Migration und für Asylsuchende können sich weiter zuspitzen. Konstruktive  Alternativen, auch von uns, sind nötig.

Solidarität ist wohl einer der positivsten Begriffe zur Formierung von Kräften. Internationale Solidarität ist und bleibt eine Quelle für neue Kraft und Zuversicht - Kuba, Venezuela, die palästinensischen Linken, fortschrittlichen Kräfte, die beteiligt sind an einem Aufbruch in Teilen dieser Welt  zeigen vor allem, dass es kein Ende der Geschichte gibt!

Text: Heinz Stehr

Heinz Stehr, bis 2010 Parteivorsitzender der DKP, war bis zum 20. Parteitag 2013 Leiter der Internationalen Kommission der DKP