10.07.2014: Spannend war die Antwort auf die Frage, wie sich die politische Neuorientierung durch die Führung der DKP nach dem 20. Parteitag auf dem Pressefest widerspiegelt. Sie zeigte sich an der Auswahl der Themen und an dem Konzept der Diskussionen, an der Auswahl der für das Podium eingeladenen Diskutanten und an den Positionen einiger Vertreter des Sekretariats des Parteivorstandes der DKP.
In der Diskussionsrune zu Thema „Stinknormale Überproduktionskrise, große oder finale Krise des Kapitalismus?“ waren unterschiedliche Standpunkte in den Eingangsstatements zu hören.
Beate Landefeld betonte als Vertreterin der DKP im Podium, dass es selbstverständlich um eine 'Große Krise' gehe. Eugen Varga habe diesen Begriff für die marxistische Krisentheorie entwickelt, und er träfe wegen der umfangreichen Krisenerscheinungen jetzt zu. Dass diese Position auf den 20. Parteitag nach heftigen Debatten abgelehnt wurde, blieb jedoch unerwähnt.
Conrad Schuhler vom isw hatte in seinem Statement den Charakter der Krise als 'Große Krise' herausgearbeitet und auf notwendigen Kampf zu progressiven Reformen orientiert, um den Weg zu einer neuen gesellschaftlichen Mehrheit zu ermöglichen. Er verwies auf die Notwendigkeit des Bruchs mit dem Kapitalismus.
Manfred Sohn von der Partei „Die Linke“ ging von vielen Merkmalen einer finalen Krise des Kapitalismus aus, aber er verwies zugleich auf die Tatsache, dass es zunächst nur Ansätze für erkennbare Kräfte gäbe, diese Situation zu Veränderung zu nutzen.
Werner Seppmann, als marxistischer Wissenschaftler im Podium, nutzte die Debatte zur Darstellung der Rolle der DKP in diesem Prozess und erklärte seinen Wiedereintritt in die Partei.
In den Eingangsstatements wurde aus meiner Sicht zu wenig die Gefahr möglicher reaktionärer Veränderungen diskutiert. Die Darstellung der umfassenden Krise der neoliberalen Konzeption des entscheidenden Teils des Kapitals ist gerade auch nach den Wahlergebnisseen zur EU – Wahl und nach den vielen Aktionen außerparlamentarischer Bewegung eine Herausforderung, Chance und Gefahren dieser Umbruchperiode zu diskutieren.
Die Diskussionsrunde „Faschismus und Rechtspopulismus in Deutschland und EU – Europa“ wäre eine Chance gewesen, den antifaschistischen Grundkonsens zu erneuern und auf breitest mögliche Bewegungen und Bündnisse zu setzen.
Mischa Aschmoneit von der Interventionistischen Linken orientierte auf die Weiterentwicklung der Aktionstätigkeit und auf Kampfformen, die deutlich militanter sein sollten, auf inhaltliche Debatten zur Aufklärung der Bevölkerung und auf Bündnispolitik zur Durchsetzung antifaschistischer Hegemonie in der Gesellschaft.
Dr. Ulrich Schneider, Generalsekretär der FIR und Bundessprecher der VVN-BdA verwies auf neue Herausforderungen für den Antifaschismus. Neben den NPD - Faschisten entwickeln sich sogenannte Rechtspopulisten, Anti Islam Kräfte und solche, die in sozialen Bewegungen deutlich nationalistische, reaktionäre und antisemitische Sichtweisen vertreten. Er betonte die Weiterentwicklung des bisherigen antifaschistischen Konzepts der VVN-BdA auch durch eine stärkere Internationalisierung der antifaschistischen Kämpfe.
Dr. Hans-Peter Brenner, stellvertretender Vorsitzender der DKP, belehrte die Anwesenden, indem er die Dimitroffsche Definition des Faschismusbegriffes dahingehend interpretierte, dass Faschismus als Ursache den Kapitalismus hätte und insofern Antifaschismus immer auch Antikapitalismus einfordere. Er erinnerte mich an manche Debatten mit Maoisten, auch weil undifferenziert grob vereinfachte Sichtweisen dargestellt wurden. So fehlte die fundamentale Erkenntnis des 7. Weltkongresses der Komintern, dass die These des Sozialfaschismus ein verheerender Fehler war und es keine Alternative zur Antifaschistischen Einheitsfront geben würde. Sein Hinweis, dass es in der DKP Kräfte gäbe, die Ernst Thälmann als Antifaschisten diskreditieren würden, um ihn als Stalinisten zu bezeichnen, war erneut der ungeheuerliche Versuch, die auf dem Boden das Parteiprogramms agierenden DKP - Mitglieder, die er als Parteiopposition bezeichnet, zu denunzieren. Mir sind diese Debatten in der DKP so nicht bekannt. Auch wenn ich weiß, dass über die Rolle Ernst Thälmanns diskutiert wurde und wird, habe ich nie wahrgenommen, dass der antifaschistische Kampf Ernst Thälmanns in Abrede gestellt wurde und wird. Die Erkenntnisse des Parteiprogramms zum Antifaschismus blieben von H.P. Brenner unerwähnt.
Susan Witt-Stahl, Journalistin aus Hamburg, beschäftigte sich mit der Frage, ob der Antifaschismus von seinen Wurzeln entfremdet wird. Für sie ist die entscheidende Wurzel der Antikapitalismus. Der Neoliberalismus hat aus ihrer Sicht den Antifaschismus diskreditiert, indem er die politische Substanz zerstört hat. Sie verwies auf Analysen und Darstellung von antifaschistischen Initiativen im Internet.
Die Chance, in dieser Diskussionsrunde weitergehende politische Konzeptionen in dieser Situation in den Eingangsstatements darzustellen, wurde aus meiner Sicht vor allem in dem überzeugenden Beitrag Ulrich Schneiders dargelegt.
Allein am Thema „Wo bitte geht's zum Winterpalais? - Widerstand – Revolution – Transformation“ teilzunehmen war anregend. Conrad Schuhler (isw), Walter Baier (KPÖ) und Leo Mayer (DKP) haben das Thema so behandelt, dass es Interesse geweckt oder weiterentwickelt hat, dranzubleiben und weiter zu denken, auch um begründet optimistisch den Kampf für eine sozialistische Zukunft zu führen. Spannend war, dass es immer noch darum geht, unter den jetzigen Bedingungen einen Weg zur Veränderung des Kapitalismus durch einen Bruch in den ökonomischen und politischen Verhältnissen zu suchen und zu finden.
Transformation ist kein prinzipieller Widerspruch zu revolutionären Veränderungen, wie es ein Diskutant aus der SDAJ meinte. Es gehe darum, Mehrheiten zu formieren und erfolgreiche gesellschaftsverändernde Kämpfe zu organisieren, ein einmaliger revolutionärer Akt sei eher die Ausnahme, so aus dem Podium. Die Entwicklungen in Griechenland, der zunehmende Einfluss der Linkskräfte dort, ist z.B. eine Ermutigung auch zu konkretem Handeln aller Linkskräfte in der EU für eine solidarische Unterstützung , falls die linken politischen Mehrheiten in Griechenland, wie nach den EU – Parlamentswahlen, eine Regierung bilden können.
Die Debatte um Zukunftsherausforderungen war für mich mit der Teilnahme an der Veranstaltung „Die Zukunft der kubanischen Revolution“ in der Casa Cuba verbunden. Juán Valdes, Mitglied des ZK der KP Kubas, informierte über den aktuellen Weg Kubas.
Er verwies auf die Notwendigkeit, die revolutionäre Politik Kubas über die Entwicklung ökonomischer Maßnahmen zu ermöglichen. Weil die Monopole keine Macht haben, sondern das Volk – so eine seiner Kernaussagen.
Gegen die US-amerikanische Blockade gibt es zunehmende Kritik aus Europa, so vom französischen Präsidenten Hollande, informierte Juan.
Die Entwicklung Lateinamerikas nach links ermöglicht auch die Aktualisierung des kubanischen Wirtschaftsmodells.
Nachdenkliche Fragen aus dem Publikum zeigten auch, wie die Erfahrungen der Niederlage des Sozialismus in Europa wirken bei der Beurteilung der aktuellen Maßnahmen auf Kuba. Die Sorgen um Gefahren durch politische Aufweicherscheinungen des Sozialismus prägte manche Nachfrage. Genosse Valdes verwies auf den erfolgreichen Arbeits- und Diskussionsprozess in Kuba.
Ein vorläufiges Fazit aus dem Erleben dieser Veranstaltungen ist, dass es in dieser Zeit der nicht stabilen Verhältnisse in der Welt viele Gründe gibt, offen, solidarisch und wo notwendig auch kontrovers zu diskutieren. Die grundlegende Herausforderung ist, Antworten auf komplizierte Fragen und Problemstellungen zu erarbeiten. Das verlangt auch Respekt und Solidarität im Umgang miteinander.
Voraussetzungen für ein erfolgreicheres Wirken der Mitglieder der DKP bleiben die Akzeptanz der kollektiv und demokratisch erarbeiteten polischen und programmatischen Erkenntnisse der DKP.
Text: Heinz Stehr Fotos. mami / redpictures