DKP-Mitglieder berieten über politische Herausforderungen

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Am letzten August-Wochenende trafen sich in Hannoversch Münden Mitglieder der DKP, um über Fragen der aktuellen Politik zu diskutieren und die sich daraus ergebenden Aufgaben linker und kommunistischer Organisationen zu beraten.

Thomas Hagenhofer ging in seinem einleitenden Referat (Anlage) zunächst auf die Flüchtlingspolitik der Regierungspartei CDU und den Äußerungen von Seehofer, De Maiziere und Co ein, wies auf die Abschottung der EU und die Fluchtursachen. Zu diesen Fragen gab es auch in der nachfolgenden Diskussion viele Hinweise über die Arbeit der Initiativen vor Ort, den Versuchen die ehrenamtlichen Helfer*innen in die Strukturen der kommunalen und landespolitischen Aufgaben einzubinden. Benannt wurde der Widerspruch zwischen den vielen Menschen, die die Flüchtlinge willkommen heißen, ihnen Hilfe und Unterstützung, aber auch Schutz vor gewalttätigen Übergriffen durch Nazis und deren rechten Umfeld geben. "Aber wir sollten uns nicht täuschen: Klar, die rechtsextremen Gewalttäter und ihre brav-biederen Unterstützer sind eine Schande für dieses Land. Die eigentliche Schande aber ist die deutsche und europäische Flüchtlingspolitik. Eine Flüchtlingspolitik, die die Ursachen für die Flucht von Millionen Menschen nicht bekämpft, sondern sie immer wieder aufs Neue schafft." erklärte Thomas.


Betont wurde in der Debatte die Notwendigkeit, die sich entwickelnde Bewegung für die Flüchtlinge zu unterstützen und dabei die Diskussion um Fluchtursachen nicht zu vernachlässigen.

Ob im Kosovo, in Syrien oder in Afrika – die Kriege in dieser Welt, mit der Beteiligung und Unterstützung der deutschen Regierung und der EU sind eine der Hauptursachen für Flucht.

Das nun der Börsencrash nach 2008 in den Schwellenländern erfolgte, aber auch mit der Embargopolitik gegen Russland die nächste Überproduktionskrise abzeichnet und auch für Deutschland der sich abzeichnende Finanzcrash härter wird, darauf, so Hagenhofer, müssen wir uns vorbereiten.

"Die weltweiten Auseinandersetzungen um globale und regionale Vormachtstellungen, um ökonomische und militärische Herrschaft haben seit letztem Jahr einen neuen Höhepunkt erreicht. Der durch die NATO-Osterweiterung in seinem Machtanspruch eingeschränkte kapitalistische russische Staat wehrt sich gegen den Verlust seiner Weltmachtrolle. Insbesondere die USA treiben diese Konfrontation voran und erhöhen mit ihrer aggressiven Politik die Kriegsgefahr", heißt es im Referat. Benannt wird hier auch die Rolle Deutschlands und der EU. Die Aktivitäten der Friedensbewegung müssen weiter gestärkt werden, es muss versucht werden gegen die Kampfdrohnen neue Kräfte einzubeziehen, außerdem den Zusammenhang zwischen Kriegspolitik, Waffenexporte und Flucht thematisiert werden.

Die richtige Einschätzung in der "Politischen Resolution" vom 19. Parteitag "die heutige Krise als „große Krise“ zu klassifizieren, zeigt sich nun in diesen Sommermonaten 2015. Kriege, Umweltkatastrophen, Vertreibung, Flucht, Not, Kaputtsparen und Entmündigung ganzer Staaten und Regionen stehen für eine durch den Imperialismus der westlichen Industriestaaten und ihre Politik zur Machtausdehnung der transnationalen Konzerne aus den Fugen geratende Welt. Wie im 20. Jahrhundert werden Nationalismus und Rassismus geschürt, um von den wahren Ursachen der Krisen abzulenken und die Arbeiterklasse gegen ihre eigenen Interessen zu mobilisieren." (Referat)

Die Entwicklungen der Austeritätspolitik gegen Griechenland spielten sowohl im Referat, als auch in der anschließenden Diskussion eine große Rolle. Von der Regierungsbildung durch Syriza nach der Wahl im Januar, den darauf folgenden Verhandlungen mit den Institutionen der EU in Brüssel, der OXI - Abstimmung und dem dann doch folgenden Memorandum wurde im Zeitraffer der Weg von Syriza als Regierungspartei aufgezeigt. Daraus sich ergebende Fragen und Einschätzungen, wie wird die Entwicklung dieser Partei weitergehen, was bedeutet die Trennung eines Teil dieser Partei, wie werden sich linke Kräfte in Griechenland vernetzen und zusammenarbeiten, um auch nach dem 20. September im griehischen Parlament die Entwicklungen für die Interessen der Bevölkerung und gegen die Auflagen und Sparmaßnahmen der EU zu beeinflussen. Alle Diskussionsbeiträge, bei unterschiedlichen Aussagen und Fragestellungen zum weiteren Weg von Syriza, der Volkseinheit und den Basisbewegungen, machen einmütig deutlich, dass die Solidarität der Bevölkerung Griechenlands gilt und den linken Kräften, die auch im anstehenden Wahlkampf die Gemeinsamkeiten suchen.

Verwiesen wurde auch auf die Aktivitäten der Arbeitskämpfe in der BRD. Mit den Streiks im Sozial- und Erziehungsdienst und dem Poststreik wurden neue Forderungen in die Arbeitskämpfe einbezogen. Es ging nicht allein um eine Tariferhöhung, sondern um den Wert der Arbeit. Hingewiesen wurde auf die Entwicklung der Gewerkschaften und der Teile, die mehr oder weniger die durchgesetzten Abschlüsse der Tarifkommissionen akzeptieren und denen, die sich gegen unzumutbare Arbeitsverhältnisse wehren und nicht mit mickrigen Abschlüssen zufrieden geben. Die Diskussionsteilnehmer*innen untermauerten diese Aussage mit Beispielen aus ihrer gewerkschaftlichen und betrieblichen Arbeit.

"Mit diesen Vorgängen, insbesondere auf europäischer Ebene, sind viele Fragen verbunden: Was bedeutet diese Entwicklung für unsere Strategie und Taktik gesellschaftlicher Veränderungen? Was für die Dialektik von nationalem und internationalem Kampf? Kann Deutschland die durch ihre zuspitzende Politik auftretenden Widersprüche weiter beherrschen oder war das sogar ein Pyrrhussieg? Wie werden die traditionellen sozialdemokratischen/sozialistischen Kräfte auf diese Demaskierung der EU reagieren?" war die Aufforderung des Referenten an die Teilnehmer*innen, sich in der Diskussion bewusst dieser Fragen anzunehmen.

Der Charakter der EU wurden diskutiert, die Herausforderungen an Parteien, Gewerkschaften, Bewegungen, noch ernsthafter Möglichkeiten gemeinsamer Kämpfe zu erarbeiten. Stop-TTIP wurde als aktuelles Beispiel genannt, aber auch der vor Jahren erfolgreiche Kampf der Hafenarbeiter gegen die Hafenrichtlinie "Port Package" wurde erwähnt.

Wie sich Strategie und Taktik von linken Kräften und auch von Kommunist*innen unter den aktuellen Bedingungen entwickeln müssen, welche neuen Fragen beantwortet werden müssen, wie unsere Analyse der Situation ist und welche Schlussfolgerungen gezogen werden müssen für aktuelle Aufgabenstellungen wurde am Sonntag beraten.

Dabei wurden auch die Erfahrungen aus teilweise jahrzehntelanger und bis heute aktiver Parteiarbeit in die Diskussion eingebracht. Viele Diskussionsbeiträge setzten sich kritisch mit der aktuellen Politik der Mehrheit des DKP-Parteivorstandes auseinander. Die einengende Schwerpunktsetzung auf die Bereiche Antifaschismus und Antimilitarismus werden als Absage an die Arbeit und das Auftreten einer kommunistischen Partei gesehen, die fehlende Solidarität mit Griechenland und seiner Regierung während der Verhandlungen mit den EU-Institutionen, die Ablehnung der Parteivorstandsmehrheit zur weiteren Mitarbeit in der Europäischen Linkspartei, aber auch die eindeutig festgelegte Formulierung im Antrag zur flächendeckenden Kandidatur zur Bundestagswahl wurden teilweise scharf kritisiert.

In sehr solidarischer Atmosphäre und doch streitbar wurde an diesem Wochenende unter der Tagungsleitung von Bettina Jürgensen und Detlef Fricke nicht nur über das Eingangsreferat diskutiert, sondern miteinander während der Tagung um Positionen gerungen.

Nicht jede Frage konnte mangels Zeit und daraus sich ergebender ungenügender Analyse beantwortet werden, dies wurde jedoch eher als Beispiel einer positiven Debattenkultur benannt und als Anregung der Teilnehmer*innen, sich auch in der Zukunft zu treffen. Die Diskussion über die Auseinandersetzungen vor Ort, aber auch der ehrliche und offene Austausch der Meinungen von Kommunist*innen in der DKP  zur aktuellen Politik soll vorangetrieben werden.

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