01.07.2017: Auf der letzten PV-Sitzung wurden Beschlüsse gefasst, denen ich nicht zustimmen konnte. Das ist für mich ärgerlich genug, aber nicht überraschend angesichts der Mehrheitsverhältnisse. Der Beschluss zur Auflösung des Bezirks Südbayern jedoch hat einen anderen Charakter, der mich erschüttert und der die gesamte Partei alarmieren sollte. Er wirft ganz entschieden die Frage auf: Wie steht es mit der innerparteilichen Demokratie? Das ist nicht nur eine Frage von Minderheit und Mehrheit, also der Quantität, sondern vor allem der inhaltlichen Qualität! Wer so vorgeht, verletzt Grundsätze der innerparteilichen Demokratie und ersetzt sie durch zentralistischen Dogmatismus.
Bereits der Feststellung in dem Beschluss, dass „ein gemeinsames Handeln mit der Gesamtpartei in wesentlichen Bereichen nicht mehr gegeben“ sei, kann ich, auch aus Sicht des Nachbar-Bezirks Nordbayern, nicht zustimmen. Ich konnte mich oft überzeugen, wie engagiert und einfallsreich die südbayerischen Genossinnen und Genossen sich engagieren und welch hohes Ansehen sie genießen.
Zugespitzte Differenzen gibt es, vor allem bzgl. der Eigenkandidatur bei den Bundestagswahlen und der Verbreitung der UZ, was teilweise inhaltlich zusammenhängt. Diese Fragen müssen diskutiert werden, sind aber bekanntlich auch andernorts in der Partei strittig.
Der Skandal besteht hier aber vor allem darin: Ein so weitreichender, in der Geschichte der DKP einmaliger Beschluss der Auflösung einer Bezirksorganisation soll gegen deren erklärten Willen, im Hauruckverfahren durchgezogen werden. Sollen also erst Fakten geschaffen werden, damit dann der Parteitag – ein Dreivierteljahr später – sein Votum zu dem entstandenen Scherbenhaufen abgeben darf?
Ich protestiere schärfstens gegen diesen Beschluss zur Auflösung des Bezirks Südbayern und distanziere mich hiermit in aller Form davon. Wenn der DKP nicht ein irreparabler Schaden entstehen soll, muss der Beschluss umgehend aufgehoben werden, und zwar aus den folgenden Gründen:
Die Beschluss-Vorlage dafür wurde den PV-Mitgliedern nicht vorab zugesandt; wir erhielten ihn erst direkt vor Sitzungsbeginn. Auf dem TO-Vorschlag tauchte nur der TOP „Parteiauseinandersetzung“ auf, kein konkreter Hinweis auf geplante Maßnahmen. Der Beschluss ist also schon rein formal fragwürdig und damit anfechtbar. Abgesehen davon wurden auf diese Weise die Rechte und Möglichkeiten der PV-Mitglieder, sich verantwortungsbewusst vorzubereiten, gravierend verletzt.
Der Nichtbefassungsantrag von Lothar Geisler, in dem er vor dieser Überrumpelung und „eklatanten Verletzung der innerparteilichen Demokratie“ warnt, wurde abgelehnt.
Die betroffenen Vertreter des BV Südbayern wurden nicht zur Sitzung eingeladen, um Stellung zu nehmen. (Verstoß gegen das Anhörungsrecht nach Artikel 16). Dies wäre umso wichtiger gewesen, als Hintergrundinformationen lediglich mündlich geliefert wurden.
Ein Telefongespräch am darauffolgenden Tag mit dem Sprecher des Bezirks Südbayern ergab, dass eine Reihe von Informationen zum Sachverhalt selbst, die als Begründung vorgetragen wurden, so offenbar nicht zutreffen. Insbesondere wurden wichtige Teile der Vereinbarung mit dem Partei- Bundeskassierer am 11.6., also wenige Tage vor der PV-Tagung, nicht korrekt wiedergegeben bzw. uminterpretiert.
Das Resümee im PV-Beschluss:
„Alle Versuche, wieder zu einer Verbindlichkeit der Zusammenarbeit zwischen dem Parteivorstand und der Bezirksorganisation zu kommen, sind gescheitert“,
ist somit nachweislich falsch.
Die entsprechenden Protokollauszüge liegen mir – jetzt! - vor. Den PV-Mitgliedern jedoch wurden sie vorenthalten - vor ihrer Entscheidung. Es wurde nicht klar, dass mit den südbayrischen Genossinnen und Genossen eine Einigung bzgl. der abzuführenden Beitragsanteile erzielt worden war.
Unabhängig davon halte ich den Beschluss auch insofern für statutenwidrig, als der herangezogene Artikel 7 unseres Statuts sich lediglich auf Strukturen und Zuständigkeiten unseres Parteiaufbaus bezieht. Er kann nicht zur Legitimation einer Ordnungsmaßnahme gegen Bezirke dienen. Dafür wäre die Schiedskommission zuständig.
Darüber hinaus widerspricht der Beschluss in dieser Form vermutlich dem Parteiengesetz, nicht zuletzt, weil er in die Finanzhoheit der Bezirke einzugreifen droht.
Ein solches Vorgehen einer PV-Mehrheit gegen eine Bezirksorganisation, auch noch als Sofortmaßnahme, habe ich während meiner mehr als 40 Jahre langen Parteizugehörigkeit nicht erlebt.
Das für eine kommunistische Partei Beschämendste daran ist:
Der Beschluss und sein Zustandekommen stellen einen schweren Verstoß gegen die innerparteiliche Demokratie dar.
Ein verheerendes Signal nach innen, an unsere Mitglieder, wie auch nach außen, an die Öffentlichkeit!
Ich fordere das Sekretariat auf, den Beschluss aufzuheben oder zumindest zu suspendieren.
Ich fordere auch die anderen PV-Mitglieder auf, zur Besinnung zu kommen und sich ebenfalls für eine Rücknahme einzusetzen.
Eva Petermann, Mitglied des PV der DKP