27.12.2017: Werner Hensel, Bezirksvorsitzender DKP Niedersachsen, schrieb zum UZ-Interview mit Patrik Köbele folgenden Brief an den PV und die UZ-Redaktion:
Jetzt ist mir klar, was mit dem Vorwurf an die DKP Südbayern gemeint war, sie hätten sich nicht an Beschlüsse gehalten. Bis jetzt konnte mir niemand die Frage beantworten, welcher weitere PV-Beschluss außer der Beteiligung an den Bundestagswahlen gemeint ist. Patrick Köbele hat für Aufklärung gesorgt: Die Südbayern hatten beschlossen, einen Teil der Beiträge nicht mehr abzuführen, dies aber nicht getan, oder so heimlich, dass es erst nach "Übernahme und Prüfung der Kasse" festgestellt werden könne. Würde dafür nicht die Prüfung der Zahlungseingänge beim PV reichen?
Also hatte der Kassierer des Bezirkes Südbayern recht, als er in einer Beratung mit dem Bundeskassierer Klaus Leger vor der 9. PV-Tagung darauf hinwies, "dass bisher nicht nur keine Beitragsanteile des Parteivorstandes zurückgehalten wurden, sondern vom Bezirk Sby Beiträge pauschal und im voraus an den Parteivorstand überwiesen wurden." (zitiert aus Beschluss des BV Südbayern vom 24. Juni 2017) Die Südbayern haben tatsächlich ihren eigenen Beschluss nicht umgesetzt und weiter die Beiträge abgeführt.
Spaß beiseite, die Sache ist zum Verzweifeln ernst. Der PV hatte in seiner 9. Tagung zwei wesentliche Begründungen für den Auflösungsbeschluss genannt: Nicht-Akzeptanz von Beschlüssen und den Vorwurf, Gelder einzubehalten. Im Beschluss, der jetzt dem Parteitag zur Bestätigung vorgelegt wird, fehlt die Begründung der einbehaltenen Gelder. Es wird dem Parteitag also ein anderer Beschluss "zur Bestätigung" vorgelegt, als er vom PV beschlossen und mittlerweile vollstreckt wurde - ein Unding! Die Erklärung dafür liefert Patrick Köbele in seinem Interview. Man wisse nicht genau "ob sie es auch getan haben". Ein ungeheuerlicher Vorgang: Der wichtigste Teil der "Urteilsbegründung" ist eine unbewiesene Behauptung und wird "in der zweiten Instanz" mal eben so weggelassen. Man stelle sich so etwas in einem Kündigungsschutzprozess vor ...
So etwas lässt ein PV mit sich machen? Und hat jetzt die Dreistigkeit, auch den Parteitag mit dieser Halbwahrheit zu belästigen?
Der Parteivorsitzende selbst entlarvt den Auflösungsbeschluss als das was er ist: Eine politische Disziplinierung der Leitungsorgane des Bezirkes Südbayern durch Absetzung, weil sie in wesentlichen politischen Fragen anderer Meinung sind als die Mehrheit des PV. Die falsche Begründung der vorenthaltenen Gelder sollte in der Partei nur für Empörung sorgen. Dass der Auflösungsbeschluss - nicht nur - angesichts dieser "Tricksereien" aufgehoben werden muss, versteht sich von selbst. Dass das leider nur noch der Ehrenrettung der betroffenen Genossinnen und Genossen dienen würde, ist leider genauso richtig.
Danke an Patrik Köbele für die Offenheit zu den Folgen des Unvereinbarkeitsbeschlusses. Er sagt, dieser "gibt dann eine politische Grundlage dafür . . . Parteiordnungsverfahren gegen GenossInnen beantragen zu können . . ."
Und weiter hinten: "Das Netzwerk hält sich an keine Beschlüsse der Partei und setzt sie nicht um. Bei Mitgliedern des Netzwerkes ist das unterschiedlich. Manche bringen sich in die Diskussion der Partei ein, setzen Beschlüsse mit um, das ist gut. Andere tun das nicht."
Damit ist der Fahrplan geschrieben: Wer sich nicht in die Diskussion einbringt und Beschlüsse mit umsetzt, kann mit einem Parteiordnungsverfahren rechnen.
Zu dem Unsinn mit "Mitgliedschaft" im Netzwerk und den folgenden Märchen zur Begründung des Fraktionsvorwurfs keine weiteren Argumente, dazu ist alles mehrfach gesagt.
Das Interview mit Patrik Köbele ist wieder einer der Tropfen, der bei Genossinnen und Genossen "das Fass zum Überlaufen" bringen wird. Es dokumentiert die Unfähigkeit der Parteiführung, unterschiedliche politische Herangehensweisen zu ertragen und das Desinteresse daran, die Partei zusammenzuhalten. Man kann diesen PV nicht mehr ernst nehmen, wäre die falsche Schlussfolgerung. Denn die Konsequenz mit der die Partei von diesem PV in die Existenzkrise geführt wird, ist eine zu ernste Sache.
In Niedersachsen werde ich weiter den Weg gehen, den wir im Beschluss der Bezirksdelegiertenkonferenz zur Zusammenarbeit in der Partei beschrieben haben: nicht strittige politische Vorhaben gemeinsam realisieren - ohne Unvereinbarkeitsbeschluss - es gibt dazu keine Alternative. Auch wenn ich dafür ausgeschlossen werde!
Werner Hensel, Bezirksvorsitzender