Gedenkrede zum Tod von Otto Marx

E-Mail Drucken

Abschied von Otto Marx , langjähriger Leiter der der Karl - Liebknecht- Schule der DKP von Jürgen Köster und Norbert Müller (Leicht gekürzte Fassung)

(gehalten am 20.2.2021 auf dem Landwehrfriedhof in Oberhausen)

Geboren wurde er am 28. Dezember 1929 hier in Oberhausen und er wuchs so hinein in eine schwere und bewegte Zeit. Kindheit und Jugend waren bei Otto noch geprägt von der Schreckensherrschaft der Nazis, dem von ihnen angezettelten verbrecherischen 2. Weltkrieg, der Not und den Entbehrungen jener harten Zeit.

Seine Familie sympathisierte mit den Edelweißpiraten, und Otto erinnerte sich später immer daran, dass über vieles von dem, was zu Hause erzählt wurde, nichts nach außen dringen durfte. Einer seiner Lehrer war ein verbohrter SS-Mann, aber er wusste auch von einem anderen, der den Hitlergruß verweigerte. Seine Verschickung auf einen Bauernhof lehrte ihn, das Elend der dort beschäftigten Zwangsarbeiter zu erkennen. Aber diese lehrten ihn auch das Schachspiel und er brachte schließlich den Mut auf, einen Franzosen zu verstecken.

Kurz vor Kriegsende wurde Otto doch noch in den Krieg eingezogen. Er kam zu einer Fallschirmtruppe, geriet kurze Zeit in Gefangenschaft und konnte dann zum Glück mit heiler Haut wieder nach Hause zurückkehren.

Hier nahmen sich nun antifaschistische Widerstandskämpfer wie Ernst Kircher seiner an, die ihm die Augen über das wahre Wesen von Imperialismus und Faschismus öffneten und seinen künftigen geradlinigen Weg vorzeichneten. Konsequenterweise trat Otto dann am 1. Januar 1946 – mit gerade 16 Jahren – in die FDJ und die KPD ein.

Otto erlernte den schweren Beruf des Formers, engagierte sich bald auch im Betrieb, setzte sich als Jugendvertreter und Betriebsrat konsequent für die Interessen seiner Kollegen ein und wurde deshalb prompt entlassen. Auf seine Initiative trafen sich aber auch in den fünfziger Jahren fortschrittliche junge Menschen auf einem Kongress in Oberhausen, um sich für die völkerrechtliche Anerkennung der DDR einzusetzen.

Mit der Adenauer-Ära verschärfte sich zunehmend der Antikommunismus, dessen vorläufiger Höhepunkt das KPD-Verbot 1956 war. Otto sollte neben vielen anderen auch verhaftet werden, konnte sich aber absetzen und nutzte nun die folgenden Jahre, um sein marxistisches Wissen zu erweitern und zu vertiefen.

In jener schweren Zeit fand Otto aber auch mit seiner Erika die Liebe seines Lebens. Sie stammte aus einem kommunistischen Elternhaus und daher haben sie sich auch politisch ein Leben lang verstanden. Bald wurde geheiratet und die Geburt von Tochter Petra vervollständigte das junge Glück. Und man kann sagen, dass Otto trotz aller politischen Arbeit das Wohl seiner Familie stets über alles ging.

Mit der Neukonstituierung der Deutschen Kommunistischen Partei 1968 fand Otto auch sofort wieder Aufgaben im nun wieder legalen Klassenkampf. Er wurde zum Kreisvorsitzenden der DKP in Oberhausen gewählt, gehörte viele Jahre dem Bezirksvorstand Ruhr-Westfalen an und arbeitete aktiv in der VVN/BdA mit.

Als die Partei ihn bat, die Leitung der Karl-Liebknecht-Schule in Leverkusen zu übernehmen, fand Otto eine neue große politische Herausforderung. In den Folgejahren haben tausende – meist junge Genossen – durch ihn die Grundgedanken der Werke von Marx, Engels und Lenin verstanden und Otto als standfesten und theoretisch beschlagenen Kommunisten kennen und schätzen gelernt. Durch ihn haben viele Menschen auch den Sinn der folgenden Gedanken von Karl Marx erfasst und als Richtschnur für ihr eigenes künftiges Handeln verinnerlicht:

„Es gilt, alle Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist!“

Doch wer nun glaubt, Otto sei ein verstaubter Studierstuben-Theoretiker und verknöcherter „Revoluzzer“ gewesen, der irrt gewaltig! Otto war auch ein sehr kulturbeflissener Mensch, der fasziniert war von der Mathematik und der Musik – vor allem der von Ludwig von Beethoven. Ihm war es auch mit zu verdanken, dass eine erste große Ausstellung Bildender Kunst der DDR in Oberhausen gezeigt wurde. Er liebte russische Chöre, hat zu Hause gerne und gut gekocht und sich natürlich auch selbstverständlich mit Erika die Hausarbeit geteilt. Das war für Otto Marx die gelebte Dialektik von Theorie und Praxis!

Otto hat auch das politische und kulturelle Leben seiner Heimatstadt auf vielfältige Weise bereichert. So hat er sich gemeinsam mit Erika für den Ostermarsch stark gemacht, trat vor Schulklassen auf, um über den faschistischen Terror in Oberhausen zu berichten. Gemeinsam mit den Freidenkern und den Linken hat er in Duisburg die Bildungsreihe „Marx in Marxloh“ aus der Taufe gehoben. So hat Otto immer und überall für breite Bündnisse geworben, um diesem mächtigen Klassengegner – dem deutschen Imperialismus – mit möglichst breiter Front wirksam entgegentreten zu können. In diesem Sinne hat er sich auch immer für die Richtigkeit der Beschlüsse des 7. Weltkongresses der Komintern eingesetzt, der die eigenen Fehler aufarbeitete, sich entschieden gegen das Sektierertum und die Unterschätzung einer breiten Bündnispolitik mit anderen fortschrittlichen Kräften ausgesprochen hatte.

Es gibt noch so vieles über das Wirken von Otto Marx – auch hier in Oberhausen - zu sagen. Aber das möchte ich nun doch lieber Norbert Müller überlassen, dessen Lebensweg Otto sicher auch stark mitgeprägt hat.

 

Redebeitrag Norbert Müller:

Als ich Anfang der 70-er Jahre nach Oberhausen kam, war Otto Marx hier bereits längst eine feste politische Größe. Er war Vorsitzender der örtlichen DKP, einer Partei im Aufbruch. Es war eine spannende Zeit damals. Und sehr schnell gab es Berührungspunkte, auch persönlich, z.B. in der „Aktion Kleine Klasse“, im Berufsverbote-Komitee oder in der Chilesolidarität.

 Auch in seiner Zeit als Leiter der Karl-Liebknecht-Schule in Leverkusen ab Mitte der 70-er Jahre war Otto in Oberhausen präsent. So bei den gewerkschaftlichen Aktionen gegen die Schließung von Großbetrieben und gegen Massenentlassungen. Als sich Ende der 70-er Jahre die Friedensbewegung gegen die Stationierung amerikanischer Atomraketen neu aufstellte, war Otto mit einer damals auch in Oberhausen sehr aktiven DKP dabei. Mit ihm immer auch Erika im Familienverbund, und Petra durfte da natürlich nicht fehlen. Wie oft haben wir uns z.B. auf den Ostermärschen getroffen! Und später auch auf den zahlreichen örtlichen und überörtlichen Aktionen der Friedensbewegung gegen Kriege und Kriegsbeteiligungen in Jugoslawien, Irak und Afghanistan.

 Wenn es vor Ort um Aktionen gegen Rechts ging, durften die Marxens nicht fehlen. Noch 2017 im Januar waren Otto und Erika, schon von Krankheit gezeichnet, beim Protest gegen den AFD-Parteitag vor der Stadthalle mit dabei.

 Antifaschismus gehörte für Otto, der die faschistischen Greuel in seiner Kindheit hautnahe erlebt hatte, zur DNA. Mit Gründung der VVN begleitete er die Generation der überlebenden Widerstandskämpfer. Später trug er maßgeblich mit dazu bei, dass der Generationenwechsel in der Oberhausener VVN gelingen konnte. Selbst beteiligte er sich auch in seinen Altersjahren an den Gedenk- und Diskussionsveranstaltungen der Gedenkhalle. Bei der Neukonzeption der Dauerausstellung monierte er die unzureichende Würdigung des Arbeiterwiderstands. Bei der Verlegung von Stolpersteinen war er regelmäßig präsent. Als Zeitzeuge war er gern gesehener Gast an Schulen.

 Otto Marx war ein entschiedener Verfechter von Bündnispolitik. Er war fern jedes Dogmatismus oder gar Sektierertums. Das machte ihn aus und über Parteigrenzen sehr glaubwürdig. Im Bündnis galt es für ihn aus einer Minderheitenposition als Kommunist anerkannt zu werden und kritische Anstöße geben zu können.

„Man kann sie sich nicht malen“. Das war einer der Sätze in denen Otto seine bündnispolitischen Überzeugungen zusammenfasste.

1984 zog das Ratsbündnis ‚Bunte Liste‘ mit gleich vier Sitzen in den Rat ein. Die DKP hatte mit den Grünen, den Demokratischen Sozialisten und sonstigen Linken auf einer Liste kandidiert. In der DKP war das längst nicht selbstverständlich. Und ohne Ottos entschiedenen Einsatz und Einfluss bei den Parteioberen hätte das wohl nicht geschehen können.

Die „Linke Liste“ existierte zwei Wahlperioden und war in diesen zehn Jahren parlamentarische Anlaufstelle und Sprachrohr für soziale Bewegungen und linke Gewerkschafter.

Parlamentarische Arbeit auf der kommunalen Ebene war für Otto sehr wichtig. Eine Zeit fungierte er für die grün-alternative Liste als Bezirksvertreter.                                                                                                                                                              

Bei der Gründung der PDS 1998 und der Gründung der Partei ‚Die Linke‘ 2007 nahm er als Vertreter der DKP als Gast teil. Otto war gern gesehener Gast und Berater der Ratsfraktion und nahm gemeinsam mit Erika am Parteileben teil. Sie gehörten einfach dazu. Stolz waren sie darauf, dass Tochter Petra Ratsfrau der LINKEN LISTE wurde.

Otto beeindruckte durch seine freundliche, ruhige und sachliche Art. Er hatte großes historisches Wissen und das vermochte er gut rüberzubringen. Seine strategischen Fähigkeiten waren beeindruckend - bis zum Schluss. Ich habe so manchen Besuch am Krankenbett auch in seinen letzten Lebensmonaten als Lehrstunde erlebt. Dafür bin ich dankbar!

Er, der Lehrer von Generationen von Marxisten, machte regelmäßig deutlich, wie wichtig eine konsequente marxistische Bildungsarbeit ist und bedauerte, dass sie oft, allzu oft fehlt. Seine umfassende Literatursammlung, die er der Oberhausener Linken übereignet hat, sah er als gute Grundlage hierfür. Dies sollten wir als sein Vermächtnis begreifen.

Otto wird uns fehlen!

 

Deine Meinung, Dein Kommentar, Dein Beitrag ist gefragt

www.KommNet.de ist ein virtueller Treffpunkt für Kommunisten in und außerhalb der DKP, ein Kommunikationsnetz zum Austausch von Ansichten über politische Entwicklungen und Probleme der politischen Arbeit in und mit der DKP.
www.KommNet.de ist eine Diskussionsplattform für alle, die kommunistische Politik auf Grundlage des Programms  der DKP erarbeiten und weiterentwickeln, wollen, die sich neuen Fragen zuwenden, die eine Partei der Toleranz gegenüber unterschiedlichen Meinungen innerhalb dieser Partei, eine Partei der innerparteilichen Demokratie wollen.

Hier kannst Du direkt Deinen Diskussionsbeitrag einreichen

Beitrag einreichen

oder sende ihn per Mail an die Redaktion