Persönliche Erklärung von Bettina Jürgensen

Drucken

dkp 20PT 3 bJuergensen 318225.05.2013: Nach der Abstimmung über den Leitantrag gab Bettina Jürgensen, ehemalige Vorsitzende der DKP, folgende persönliche Erklärung ab:

Liebe Genossinnen und Genossen,

Ich möchte die Gelegenheit nutzen mich bei allen Genossinnen und Genossen zu bedanken, die mich vor und nach dem 19. Parteitag der DKP unterstützt haben! Und natürlich bei denen, die es heute noch tun. Ich erspare mir und uns eine Aufzählung – sie läuft nur Gefahr den Einen oder die Andere zu vergessen. Aufgrund der Ereignisse und Debatten in der Partei in den letzten Wochen, lasst mich in fünf Minuten noch fünf Punkte anführen.

Erstens: Ich habe nicht zur Vorsitzenden der DKP kandidiert, damit ich einen Arbeitsplatz erhalte, sondern weil ich es als (m)einen möglichen Beitrag zur politischen Kontinuität, Stabilität und auch der weiteren Entwicklung der DKP gesehen habe. Der 20. Parteitag hat diese Frage anders entschieden. Es ist, wie es ist – wie man bei uns im Norden feststellt.

Zweitens: Dass Ergebnis wird mich nicht aufhalten, weiterhin meine politische Arbeit in der DKP zu leisten und auch als Kommunistin der DKP an anderer Stelle aktiv zu sein, z.B. in Bündnissen, in anderen Organisationen wie VVN-BdA, Rote Hilfe und in der Einheitsgewerkschaft.

Es wird mich auch nicht abhalten, dort wo es ihn gibt, meinen Widerspruch gegen Aussagen anderer Leitungsmitglieder der Partei zu äußern. Einige warnen in letzter Zeit vor einem nachkarten bzw. nachtreten. Um es klipp und klar zu sagen: es geht um die politische Meinungsäußerung, also Mitarbeit, in einer kommunistischen Partei. Mit unterschiedlichen Positionen werden wir auch in Zukunft umgehen müssen – insbesondere bei den Fragen, die ja spätestens seit der Diskussion um unser 2006 beschlossenes Programm auf dem Tisch liegen. Ein Heraushalten aus der inhaltlichen Debatte, denn auch das gehört zur politischen Arbeit, wird es von mir nicht geben.

Zu diesem Punkt noch: von einigen der aktuellen Mehrheit wird – trotz ihres eigenen Mitwirkens - vom Hinterlassen eines "ideologischen und organisatorischen Scherbenhaufens" geschrieben, den es jetzt "wegzuräumen" gilt (Berliner Anstoss April 2013).

Frage: Wird alles entsorgt oder auch recycelt? Wenn Scherben zusammengefügt werden - abgesehen davon, wie haltbar das dann ist - welche Teile werden endgültig weggeräumt? Auf diese Antwort kann die Partei gespannt sein, denn sie ist ja in ihrer Gesamtheit angesprochen und muss damit umgehen.

Es wird die Einheit der Partei riskiert, sicherlich nicht nur inhaltlich, wenn sich das weiter fortsetzt, wie heute mit den Anträgen aus der Partei zum Leitantrag verfahren wurde, um Positionen des Berliner Landesverbandes zu übernehmen, die in der Gesamtpartei nicht diskutiert werden konnten bzw. sollten.

Drittens: Die Überwindung des Kapitalismus und der Aufbau des Sozialismus ist unser Ziel! Dieser wird nicht von „grünen Tischen“ erkämpft oder durch einen Handstreich aus den Hinterzimmern, und sei er noch so wohlüberlegt. Nein, es ist ein langer Weg.

Dabei bauen KommunistInnen auf ihre Wissenschaft, begründet durch Marx und Engels, weiterentwickelt von Lenin, Luxemburg, Zetkin, Gramsci und anderen marxistischen WissenschaftlerInnen.

Die aktuelle  Krise, mit ihren Auswirkungen auf sämtliche Bereiche des gesellschaftlichen Lebens und auf das gesamte ökologische System, wird immer häufiger als „Zivilisationskrise“ bezeichnet. Damit sollten auch wir uns zumindest auseinandersetzen.

In der 'Politischen Resolution' des 19. Parteitags stellen wir fest: "Bei der aktuellen Krise handelt es sich aller Wahrscheinlichkeit nach um eine 'Übergangs- oder Große Krise' ..., die zu einer neuen Entwicklungsetappe des Kapitalismus führen oder aber auch die Suche nach einem demokratischen Ausweg beschleunigen (kann)". Daraus müssen wir doch Schlussfolgerungen ziehen.

Es heißt verstärkt Abwehrkämpfe zu führen - gegen Sozial- und Demokratieabbau, gegen Rechtsentwicklung. Die Mehrheit der Bevölkerung muss gewonnen werden für den Widerstand gegen die Angriffe des transnationalen Finanzkapitals, für unsere elementarsten Rechte: Frieden, Arbeit, Gesundheit und eine gesunde Umwelt, Bildung, gleiche Rechte für alle Menschen - unabhängig von Geschlecht und Herkunft, ohne Rassismus und Faschismus leben! Diesen Kampf  zu entwickeln, das ist unsere Aufgabe, um dann in die nächste Etappe vordringen, die aber wohl auch noch nicht der Sozialismus sein wird.

Dazu gilt es immer die aktuelle Lage gründlich und realistisch zu analysieren. Unsere revolutionären Ideen sind dabei Ratgeber, aber wir müssen auch erkennen, wann und wie die Zeit reif ist, diese als Messlatte für Erreichtes oder noch zu Erstreitendes zu nutzen.

Viertens: Immer notwendiger wird die Verbindung von nationalen und internationalen Kämpfen: der Gewerkschaften, der Bewegungen, aber auch die Zusammenarbeit von Parteien und Organisationen auf internationaler Ebene. Deshalb werde ich mich weiterhin einsetzen für eine aktive Mitarbeit in der Partei der Europäischen Linken. Dies muss für uns, als eine in Europa agierende Partei, ein wichtiger Teil unserer internationalen Arbeit sein.

Weltoffenheit und Zukunftsvisionen für die gesamte Menschheit zeichnet das Denken und Handeln von KommunistInnen aus. Wir müssen die Suche nach Antworten stärker entwickeln: zur Lösung von aktuellen Fragen und Zielen, die hier und heute verändern und den Weg zum Sozialismus öffnen. Dabei kann es keinen Raum für freiwilliges Sektierertum geben.

Denn um die Kämpfe erfolgreich zu führen, um unser sozialistisches Ziel zu erreichen, brauchen wir die Menschen. Nicht nur Wenige, sondern Viele!

Fünftens: Mit diesem Herangehen in den Kämpfen heute und für eine andere Gesellschaftsordnung mitzuwirken, auch deshalb bin ich 1971 Mitglied der DKP geworden. Unter diesen, sehr kurz zusammenfassten, Gesichtspunkten werde ich weiterhin arbeiten – und ich bin überzeugt, dass ich, wo auch immer, gemeinsam in Zusammenhängen aktiv bin mit Genossinnen und Genossen.