Heinz Stehr: Auflösung des Bezirks Südbayern – weiterer Schritt zur Liquidation der DKP

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06.07.2017: Was auf den ersten Blick als Maßnahme aus aktuellem Anlass daherkommt, ist bei genauerer Betrachtung die Logik und Konsequenz der Politik dieser Parteiführung seit dem 20. Parteitag. Die Gegner des Programms, Statuts und des bis dahin gültigen politischen Selbstverständnisses der DKP eskalieren ihren Kampf für eine andere politisch und organisatorisch verfasste DKP.

Die Auflösung der Bezirksorganisation Südbayern ist dabei zwar besonders perfide, reiht sich aber auch ein z. B. in die Art des Umgangs mit der Parteiführung die bis zum 20. Parteitag im Amt war und in die teilweise sektiererische politischen Weichenstellungen des 21. Parteitages. Ziel ist eine andere DKP, die politisch wesentliche Inhalte des Programms entsorgt, wie es auch die erneute Debatte um die Strategie der Partei zeigt. Dieser Parteiführung geht es um eine DKP, die ein politisch und organisatorisches Selbstverständnis haben soll, das dem einer zentralisierten Kaderpartei entspricht und dazu das seit 1990 entwickelte politische Selbstverständnis weitgehend entsorgen will.

Dieses Vorgehen gefährdet die Existenz der DKP. Es kommt einer Liquidation nahe.

Der DKP – Bezirk Südbayern hat in der Vergangenheit wichtige Impulse für diese DKP gegeben. Daher soll es ein Signal sein, diesen Bezirk als erstes aufzulösen. Weitere Maßnahmen sind bereits im Referat von Vera Richter angedacht, z.B. die Zusammenlegung der Bezirke Hamburg, Schleswig – Holstein und Mecklenburg – Vorpommern.

Zu den wichtigen Impulsen, die der Bezirk Südbayern entwickelt hat, gehören: in der Wirtschafts- und Sozialpolitik z. B. durch die Aktivitäten der Betriebsgruppe Siemens, durch die fundierten Beiträge des Genossen Leo Mayer, durch die Mitarbeit von Genossinnen und Genossen im isw. Es wurde eine beispielhafte Bündnispolitik entwickelt, die auch heute bei Protesten gegen die sogenannte Sicherheitskonferenz deutlich wird. München ist die mitgliederstärkste Kreisorganisation in der DKP mit deutlich mehr Neuaufnahmen auch von Jüngeren als in anderen Regionen. Die DKP genießt ein hohes Ansehen in vielen Organisationen der Linken und in Bewegungen. Südbayern hat in der Kulturpolitik der DKP entscheidende Impulse gegeben. Das alles strahlte in die gesamte DKP aus.

Mit der Auflösung des Bezirks wird ein politisches Exempel statuiert: wer dieser jetzigen PV – Mehrheit nicht bedingungslos folgt, hat nach Vorstellung dieser Führung keinen Platz in der DKP. Jene Genossinnen und Genossen, die Widerstand leisten, sich z.B. dem Netzwerk „Kommunistische Politik“ verbunden fühlen, sollen an den Rand oder ganz aus der DKP gedrängt werden.

Mit diesem Vorgehen wird objektiv dem notwendigen Widerstand gegen die Rechtsentwicklung in der BRD geschadet, wichtigen Kräften in Bündnissen und Bewegungen werden Grundlagen zum notwendigen Handeln entzogen. Resignation, UZ – Abbestellungen und Parteiaustritte sind Folgen. Die DKP gerät noch mehr in die Isolation, indem sie sich selbst isoliert. Das gewachsene Ansehen in Gewerkschaften, Bündnissen und Bewegungen und damit auch in der Gesamtbevölkerung wird weiterhin Schaden nehmen.

Das Vorgehen dieser PV – Mehrheit ist aus meiner Sicht eine Katastrophe.

Statt Möglichkeiten zur Deeskalation zu nutzen oder selbst konstruktive Vorschläge zu entwickeln, wird durchgezogen! Die „Realitäten“ werden entsprechend der gewünschten Verhältnisse zurechtgebogen. Manche Erfolgsdarstellungen in der UZ vermitteln ein fiktives Bild der Politikfähigkeit der DKP.

Ich äußere diese Kritik auch deswegen , weil es jetzt möglicherweise letzte Chance gibt, Widerstand so zu entwickeln, dass es zumindest zu einer Entspannung der Situation kommen kann. Die Mitgliedschaft der DKP ist jetzt gefordert, der Auflösung des Bezirks Südbayern zu widersprechen und Gespräche zu fordern, die politische Lösungen ermöglichen.

Vielleicht kann die Einrichtung einer Kommission nutzen, in der alle Meinungsströmungen vertreten sind. Möglicherweise ist ein außerordentlicher Parteitag mit dem Ziel, konstruktive Lösungen zu erarbeiten, eine Option. Vielleicht ist das alles aber auch nicht mehr machbar, und die Zerstörung der DKP geht weiter.

Nur eines bleibt für mich – es ist alternativlos, für die Zukunft marxistischer Politik im Selbstverständnis der DKP bis zum 20. Parteitag zu kämpfen. Es geht dabei nicht vordergründig um die Organisation als Selbstzweck, es geht um die Wahrnehmung politischer Verantwortung und darum, einen Beitrag zur notwendigen Veränderung der Verhältnisse leisten zu können. Es geht aber auch um die Wahrung des Erreichten und die Bewahrung der Tradition und Erfahrung kommunistischer Politik seit fast 100 Jahren.

Heinz Stehr