von Georg Polikeit
Das war die Überraschung des Wahlsonntags am letzten Wochenende (23.4.2023) im österreichischen Bundesland Salzburg. Die Liste der „KPÖ Plus“ machte bei einer Wahlbeteiligung von 70,9 % einen Sprung von 0,4 (Landtagswahl 2018) auf 11,66 Prozent. Sie erreichte damit erstmals seit Jahrzehnten ein zweistelliges Wahlergebnis und den 4. Platz im Salzburger Parteienspektrum. Sie überholte die Grünen, die mit leichten Verlusten (- 1,1 %) auf 8,2 % und damit auf Platz 5 kamen, und liegt nur 6,2 % hinter der SPÖ, die bei einem Verlust von 2,1 % mit 17,9 % Platz 3 des Salzburger Parteienspektrums erreichte. Bei den Wählerinnen und Wählern unter 30 Jahren belief sich der Stimmanteil der KPÖ Plus sogar auf 13 %, bei den Frauen auf 12 %. Die KPÖ zieht damit erstmals seit 1949 wieder mit 4 Abgeordneten in den Salzburger Landtag ein. Das ist der zweite Landtag in Österreich, in dem die Kommunisten vertreten sind, nach dem Einzug schon im Jahr 2005 in den Landtag der Steiermark.
Stärkste Partei im Bundesland Salzburg blieb mit 30,4 % die rechtskonservative ÖVP („Österreichische Volkspartei“, Äquivalent zur deutschen CDU/CSU), obwohl sie mit einem Stimmenrückgang um 7,4 % einen schweren Verlust zu verzeichnen hatte. Auf dem zweiten Platz landete die rechtsextreme FPÖ („Freiheitliche Partei Österreichs“, in etwa vergleichbar der deutschen AfD) mit 25,7 %. Sie nahm um 6,9 % zu, blieb damit allerdings deutlich hinter ihren Erwartungen zurück, bei dieser Wahl die Spitze übernehmen zu können. Absoluter Wahlverlierer sind die liberalen NEOS („Das Neue Österreich“). Sie hatten sich 2018 zusammen mit ÖVP und Grünen an der Salzburger Landesregierung („Dirndlkoalition“) beteiligt, was sich für sie aber offensichtlich nicht auszahlte. Sie gingen von 7,3 % auf 4,2 % zurück und flogen deshalb, an der bestehenden Fünfprozentklausel scheiternd, ganz aus dem Landtag (s. Tabelle am Ende des Textes).
In der Landeshauptstadt Salzburg selbst, der „Mozartstadt“ (Geburtsstadt des international berühmten Komponisten Wolfgang Amadeus Mozart), in der seit langem bürgerllch-konservative und rechte Wählerstimmungen dominieren, war das Ergebnis für die KPÖ Plus noch besser als im Durchschnitt des Bundeslandes. Hier kam die KPÖ Plus sogar auf 21,5 %, womit sie zweitstärkste Partei in der Stadt nach der ÖVP wurde, die mit 24,8 % nur noch 3,3 % vor den Kommunisten liegt. Die Kommunisten überholten hier sogar die rechtsextreme FPÖ und auch die SPÖ und die Grünen.
Das „Plus“ in der Parteibezeichnung steht übrigens als Abkürzung für „Plattform Unabhängig & Solidarisch“. Sie bezeichnet das Bündnis, zu dem sich die traditionelle KPÖ seit 2017 mit den „Jungen Grünen“ und anderen Linken zusammengeschlossen hat. Die Jungen Grünen waren ursprünglich Teil der Grünen Partei. Im Ergebnis verschiedener politischer Differenzen entwickelte sich jedoch eine zunehmende Kluft mit der grünen „Mutterpartei“, bis es im März 2017 zum offenen Bruch kam. Die Parteispitze der Grünen verkündete den Rauswurf der Jungen Grünen aus der Partei. Im Ergebnis intensiver Diskussionen einigten sich diese daraufhin, zu der anstehenden Nationalratswahl (Parlamentswahl) zusammen mit der KPÖ unter der Bezeichnung „KPÖ PLUS“ anzutreten.
Der Spitzenkandidat der KPÖ Plus in Salzburg, der 34-jährige Kay-Michael Dankl, der Geschichte studiert hat und derzeit in Teilzeit als Museumsführer arbeitet sowie seit 2019 für die KPÖ Plus im Salzburger Gemeinderat sitzt, war zuvor selbst Mitglied der Jungen Grünen und 2015 – 2017 deren Bundesvorsitzender gewesen. Er war nach dem Bruch mit der Grünen Partei aktiv an der Hinwendung zur KPÖ beteiligt. Die KPÖ Plus bot den Wählerinnen und Wählern also bei der jetzigen Landtagswahl mit dem jungen Team von Aktivisten um Dankl gegenüber früher ein völlig neues Gesicht. Das dürfte eines der Elemente gewesen sein, die zum Wahlerfolg der kommunistischen Liste in Salzburg beigetragen haben.
Dankl selbst verwies in seiner Stellungnahme zum Wahlergebnis darauf, dass der Wahlerfolg der KPÖ Plus in Salzburg ein „starkes Zeichen“ dafür sei, dass viele Menschen, enttäuscht von den bisher vorherrschenden Parteien, eine „andere und ehrliche Politik“ wollen. „Eine Politik, die endlich die extrem teuren Wohnkosten und die explodierenden Energiepreise angeht. Eine Politik, die verhindert, dass viele Menschen trotz Arbeit zu wenig zum Leben haben. Eine Politik, die dafür sorgt, dass kein Kind in Armut aufwächst“.
Diese allgemeine Stimmungslage und das Suchen nach einer glaubwürdigen Alternative, ohne den Ausweg bei den Rechtsextremisten zu sehen, war zweifellos ein weiteres Element, das den Wahlerfolg der KPÖ Plus in Salzburg erklärbar macht.
Vor allem aber erklärt sich dieser Erfolg aus der hartnäckigen Arbeit vor Ort und dem anhaltenden Einsatz der KPÖ-Plus für soziale Belange der Bevölkerung und auch kleinste kommunale Verbesserungen. Die seit November 2021 kommunistische Bürgermeisterin in Graz, der Landeshauptstadt der Steiermark, Elke Kahr, die persönlich am Wahlkampfeinsatz in Salzburg teilgenommen hat, stellte dazu fest: „Dass die KPÖ in einem weiteren Bundesland in den Landtag einziehen kann, ist nicht vom Himmel gefallen. Es ist das Ergebnis jahrelanger Arbeit mit viel persönlichem Einsatz und guten Ideen für die Leute in Salzburg.“
Spitzenkandidat Dankl seinerseits sagte wiederholt, dass er sich am Beispiel der Grazer KPÖ orientiere. Dementsprechend machte die Salzburger KPÖ Plus ebenfalls die Frage der Wohnungspolitik und der dramatisch steigenden Wohnungskosten sowie die konkrete Hilfe für Mieterinnen und Mieter in Not zu einem Schwerpunkt ihres Wahlkampfs. Nach Grazer Vorbild hielt Spitzenkandidat Dankl auch in Salzburg in den letzten Monaten mehrere hundert Sozialsprechstunden ab. Die Kandidatinnen und Kandidaten der KPÖ Plus verkündeten wie in Graz, dass sie, wenn sie gewählt werden, sich mit einem Einkommen von ca. 2000 Euro begnügen werden und den Rest ihrer Abgeordnetenvergütungen in eine Hilfskasse für Menschen in Not spenden werden. Dankl konnte darauf verweisen, dass er von seiner Gemeinderatsvergütung seit 2019 rund 20 000 Euro in eine solche Hilfskasse abgeführt hatte.
Dankl erklärte in einer Stellungnahme zum Wahlerfolg in Salzburg: „Wir sehen den heutigen Tag nicht in erster Linie als Wahlsieg, sondern als Auftrag, den die Wählerinnen und Wähler uns erteilt haben. Wir nehmen diese Herausforderung an – und wissen, dass es eine große Aufgabe sein wird.“ Mit einem Wahlsieg sei noch nichts gewonnen, nur eine bessere Ausgangslage erreicht. „Heute freuen wir uns – und morgen beginnt die nächste, größere Herausforderung“. Denn noch gebe es keine politischen Mehrheiten für eine Politik, die sich wirklich für leistbare Mieten, gute Pflege und ein vernünftiges Bildungssystem einsetzt. Daher gebe es „keinen Grund zur Selbstzufriedenheit oder sich jetzt auszuruhen“. „Es freut uns, dass wir stark an Vertrauen gewonnen haben. Dass viele Menschen Hoffnung in uns setzen“. Doch dieser Wahltag sei „kein Ende, sondern ein Anfang“. Durch den Einzug in den Landtag habe man mehr Möglichkeiten. Aber „ob wir wirklich etwas zu feiern haben, sehen wir in fünf Jahren“. Erst dann werde man beurteilen können, „was wir erreicht haben“.
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Land Salzburg - Landtagswahl am 23. April 2023
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